Markus Hofman, Redaktionsleiter
www.badische-zeitung.de, www.fudder.de
Ich sehe drei Erfolgsfaktoren für die Implementierung crossmedialer Produktionsprozesse:
1) Crossmedia muss auf allen Leitungsebenen positiv gelebt und kontinuierlich eingefordert werden.
2) Die Produktionswerkzeuge müssen sehr simpel zu bedienen sein – Usability hat eine überragende Bedeutung.
3) Crossmedia muss ein kontinuierlicher Bestandteil der Aus- und Weiterbildung sein. Bei der „Badischen Zeitung“ arbeiten die Gattungen Print und Online seit 2008 hochgradig integriert. Die Chefredaktion hat seinerzeit das Ziel formuliert, dass jedes Zeitungsressort im Tagesverlauf ein bis zwei wichtige Nachrichten „online first“ veröffentlichen soll. Welche Nachricht vorab auf badische-zeitung.de gespielt wird, entscheidet das Fachressort (zum Beispiel eine Lokalredaktion) eigenständig.
Unsere Philosophie: In crossmedialen Produktionsprozessen muss die Entscheidungskompetenz dort angesiedelt werden, wo auch die inhaltliche Kompetenz liegt.
Dieser Produktionsprozess findet nicht zuletzt deshalb eine hohe Akzeptanz bei vielen Print-Kollegen, weil die Redakteure kein separates Online-CMS erlernen müssen. Alle Produktionswerkzeuge sind in das Redaktionssystem der Tageszeitung integriert, die Redakteure arbeiten also in ihrer vertrauten Produktionsumgebung. Einen Artikel online zu veröffentlichen ist somit fast so einfach wie Twitter.
Alexander Houben, Leiter Online / CvD, Mitglied der Chefredaktion „Trierischer Volksfreund“
www.volksfreund.de
Solange „Prioritäten“ für einzelne Medien gesetzt werden („Online first!“), Print, Online oder Mobile wichtiger als der jeweils andere Kanal bewertet werden, gibt es kein echtes crossmediales Arbeiten. Es ist nicht wichtig, welches Medium zuerst bedient wird, sondern welcher Aspekt einer Geschichte in welchem Kanal zu welchem Zeitpunkt am meisten Sinn macht. Darüber nachdenken heißt wirklich crossmedial denken. Beim „Volksfreund“ läuft die Produktion von Print, Online, Mobile, Tablet und Video im zentralen Großraumbüro, gesteuert über einen Führungstisch. Dort liegt die Nachrichtenführung für alle Medien. Bei den größeren Geschichten wird jeweils individuell festgelegt, wann und wo Eilmeldungen, App-Pushmeldungen und Status-Updates für Twitter und/oder Facebook veröffentlicht werden.
Für den Bereich Social Media gibt es eine abteilungsübergreifende Arbeitsgruppe, die sich wöchentlich trifft und die aktuellen Entwicklungen bespricht. Die Bedienung der Social-Media-Kanäle gehört zum Aufgabengebiet der Online-Producer und für alle Mitarbeiter gibt es Empfehlungen zum Verhalten auf Social-Media-Plattformen, nachzulesen unter www.volksfreund.de/socialmedia.
Phillipp Ostrop, Leiter Stadtredaktion Dortmund, „Ruhr-Nachrichten“
www.ruhrnachrichten.de
Natürlich braucht man Richtlinien, zum Beispiel „Online first“. Natürlich braucht man Schulungen (So funktioniert das CMS, so formuliert man Teaser, so geht ein Cliffhanger, so baut man Google Maps …). Richtlinien und Schulungen gibt es allerdings in allen Verlagen, daran kann es also nicht liegen. Wenn die Umsetzung scheitert, liegt es wohl eher an der Führung. Chefs müssen nicht nur wissen, worüber sie reden, sondern es vorleben. Dann klappt’s auch mit Crossmedia. Wir haben keine Trennung in Print- und Online-Redaktion. Seit fast fünf Jahren betreuen unsere ehemaligen Print-Redaktionen das Nachrichtengeschehen auch für die anderen Kanäle (Website, Social Media, App, Infoscreen in der U-Bahn etc.). Plattformübergreifende Arbeitsgruppen? Das sind unsere Redaktionen, und zwar jeden Tag.
Wichtig ist alle Kanäle präsent zu haben und darüber zu sprechen. Deswegen geht es in den Konferenzen nicht nur um eine Print-Blattkritik oder die Online-Klickzahlen, sondern auch um die Qualität der Teaser, den Blick auf Blogs und natürlich um die wichtige Frage, wann wir mit welcher Info welchen Kanal bespielen.
Jürgen Marks, stv. Chefredakteur „Augsburger Allgemeine“,
www.augsburger-allgemeine.de
Es ist empfehlenswert, crossmediale Konzepte gemeinsam mit den Redakteuren zu entwickeln. Wenn die Richtlinien im Team erarbeitet wurden, sind die Hürden für die Umsetzung deutlich niedriger. Die Akzeptanz für crossmediale Arbeit ist in den vergangenen Jahren ohnehin deutlich gewachsen. Die meisten Journalisten haben längst verstanden, dass sie über Print und Online eine wachsende Zahl von Lesern mit ihren Inhalten erreichen. Bei der „Augsburger Allgemeinen“ haben wir eine Digitalstrategie erarbeitet. Online publizieren wir sehr aktuell unsere lokalen und regionalen Nachrichten in Kurzversionen – mit Fotos, Videos oder angereichert mit einem Voting. Exklusive Inhalte wie den ausführlichen Bericht, den lokalen Hintergrund oder den Kommentar finden Sie dagegen nur in der Zeitung und im E-Paper. Die Redakteure arbeiten mit einem neuen crossmedialen Redaktionssystem, das sie unterstützt.
Für den Umgang mit Social Media haben wir klare Richtlinien erarbeitet. Wir nutzen vor allem Facebook sehr intensiv zur Recherche und zur Reichweitensteigerung. Unsere Online-Redaktion und die meisten Lokalredaktionen sind auf Facebook aktiv. Vielen Kollegen macht der direkte Umgang mit den Nutzern Spaß.
Erschienen in Ausgabe 06/202012 in der Rubrik „Medien und Beruf“ auf Seite 33 bis 33 Autor/en: Umfrage: Annette Milz. © Alle Rechte vorbehalten. Der Inhalt dieser Seiten ist urheberrechtlich geschützt. Für Fragen zur Nutzung der Inhalte wenden Sie sich bitte direkt an die Redaktion.