Test: SZ iPad-App

Vor kurzem startete die „Süddeutsche Zeitung“ eine iPad-App. Neben den Inhalten der gedruckten Zeitung gibt es Audiofiles und Videos. Beispielsweise wird das Streiflicht

vorgelesen oder SZ-Kritiker Harald Eggebrecht spricht in einer Videokolumne über einen Cellisten.

Die App ist hochformatig angelegt, kann aber auch querformatig genutzt werden, wobei dann das Inhaltsverzeichnis immer aufgeklappt bleibt.

Ein sehr guter Ansatz: Die Navigationsleiste oben kann der Nutzer an einem kleinen Regler selbst herausziehen.

Da noch keine festen Standards für die Navigation in einer App existieren, wird man einige Ausgaben der SZ iPad-App benötigen, um sich daran zu gewöhnen.

Titelseite

01 Zeitungskopf: Der Zeitungskopf ist relativ klein. Bis auf das Datum fehlen die klassischen Zusatzinformationen aus der gedruckten Zeitung.

02 Aufmacherbild: Rechts oben ist eine Bildergalerie, die an diesem Tag aus neun verschiedenen Nachrichten-Bildern besteht. Das Startbild entspricht der gedruckten Ausgabe.

03 Bildtext: Der Bildtext ist kursiv und grau. Damit wird sehr schlechte Lesbarkeit garantiert.Besser: reguläre serifenlose Schrift, also weder kursiv noch grau.

04 Aufmacher: Jede Ressort-Startseite hat eine größere Überschrift und eine Unterzeile, die den Aufmacher kennzeichnen. Der Aufmacher „Terror in der Ukraine“ stimmt mit der gedruckten Version überein. Allerdings wurde die Überschrift für das iPad neu formuliert.

05 Grüne Dachzeilen: Bei der gedruckten Version werden überwiegend Unterzeilen benutzt, bei der App grüne Dachzeilen. Wenig funktional, denn die Leser lesen eher die größere Überschrift und gehen dann zum Grundtext über. Die Dachzeile wird seltener gelesen.

06 Navigation: Rechts oben ist ein kleiner Regler. An dem kann man ziehen und dann öffnet sich eine Navigationsleiste, über die man zum Inhaltsverzeichnis kommt und die Schriftgröße des Grundtextes verändern kann. Ein sehr funktionales Feature, weil die Leiste nicht durch versehentliches Antippen des Bildschirmes aufklappt.

Innenseite

01 Inhaltsverzeichnis: Die Ressortangaben sind in Versalien gesetzt, die Überschriften haben eine Dachzeile und eine einzeilige Überschrift. Die Redaktion muss dadurch jede Überschrift extra für das iPad umformulieren. Das wird frustrierend für die Nutzer, weil aus den Angaben dieser Ultrakurz-Überschriften nicht viel über den Inhalt der Artikel zu entnehmen ist.

02 Navigationsleiste: Sie ist sehr übersichtlich. Da nur wenige Elemente hier stehen, könnte sie auch platzsparend, also etwa halb so hoch gestaltet werden.

03 Grundschrift: Es ist eine Schrift mit Serifen, die auf Standard, mittel oder groß eingestellt werden kann. Schlecht: Bildtexte und Informationen über den Autor können nicht vergrößert werden. Leser dürfen also nur teilweise sehbehindert sein.

04 Spaltenbreite: Die Texte sind ca. elf Zentimeter breit und stehen im Flattersatz ohne Trennungen. Bei Absätzen wird etwa eine halbe Leerzeile Abstand eingefügt. Neun Zentimeter Spaltenbreite wären zu empfehlen, weil dann für den Leser der Sprung vom Ende einer Zeile zum Beginn der neuen Zeile links unproblematischer ist. Bei elf Zentimetern läuft man schon Gefahr, die bereits gelesene Zeile noch mal zu lesen.

Funktionalität: Die Ladezeit ist akzeptabel. Beruhigend: Der Fortgang des Downloads wird angezeigt. Die App wurde auf einem iPad1 gelesen. Innerhalb von fünf Minuten stürzte sie dreimal ab. Da kann man noch was verbessern.

NORBERT KÜPPER ist Zeitungsdesigner ( www.zeitungsdesign.de) und Veranstalter des European Newspaper Award.

nkuepper@layouttipp.de

Erschienen in Ausgabe 06/202012 in der Rubrik „Tipps“ auf Seite 59 bis 59 Autor/en: Norbert Küpper. © Alle Rechte vorbehalten. Der Inhalt dieser Seiten ist urheberrechtlich geschützt. Für Fragen zur Nutzung der Inhalte wenden Sie sich bitte direkt an die Redaktion.