Erst Facebook, jetzt Politmagazin

Washington. Mark Leibovich lehnte dankend ab. Es gefalle ihm bei der „New York Times“, beschied der Starjournalist mit der spitzen Feder dem neuen Besitzer der vor knapp 100 Jahren gegründeten Zeitschrift „The New Republic“: Zum linksliberalen Meinungsmagazin wolle er nicht wechseln. Chris Hughes lässt sich von solchen Rückschlägen aber nicht unterkriegen. Der 28-jährige Verleger und Chefredakteur der „New Republic“ will die jüngst etwas planlos wirkende Zeitschrift (wieder) zum Aushängeschild machen und dafür nötigenfalls Millionen in schreibende Talente und einen umfassenden Onlineauftritt investieren.

Das Talent dafür hat der junge Pressebaron: Hughes war vor vier Jahren einer der Köpfe hinter der Internet-Kampagne des demokratischen Präsidentschaftskandidaten Barack Obama. Am nötigen Kleingeld fehlt es ihm auch nicht: Er ist einer der Mitgründer von Facebook; trotz des verpatzten Börsengangs der Social-Media-Plattform ist sein Aktienpaket mehrere Hundert Millionen Dollar wert.

„The New Republic“ hat eine Auffrischungskur dringend nötig. Obwohl das 20 Mal pro Jahr erscheinende Magazin dank langen Texten und Analysen gerade in Washington einen guten Ruf genießt, sind die Auflagenzahlen dramatisch eingebrochen, von über 100.000 Exemplaren im Jahr 2000 auf derzeit 40.000. Schuld daran dürften nicht nur die Umwälzungen der US-Presselandschaft oder die vielen Besitzerwechsel sein, sondern auch umstrittene Entscheidungen der Redaktion: Das Magazin unterstützte anfangs die außenpolitischen Abenteuer von Präsident George W. Bush. Zuerst hat Hughes nun einen alten Bekannten zurück auf die Kommandobrücke des Magazins geholt: Franklin Foer. Der Bruder des Literaten Jonathan Safran Foer war bereits von 2006 bis 2010 inhaltlich für die Publikation verantwortlich. Seit einigen Wochen ist der 37-Jährige wieder als „Editor“ dabei. Er habe eigentlich nicht vorgehabt, zurückzukehren, so Foer zur „New York Times“. Hughes habe aber versprochen, dass er sich längerfristig engagiere. Hughes sieht seine Strategie auch als Kampfansage an Zeitschriften wie den ehrwürdigen „New Yorker“ oder den einflussreichen „Economist“.

Erschienen in Ausgabe 07+08/202012 in der Rubrik „Rubriken“ auf Seite 16 bis 16. © Alle Rechte vorbehalten. Der Inhalt dieser Seiten ist urheberrechtlich geschützt. Für Fragen zur Nutzung der Inhalte wenden Sie sich bitte direkt an die Redaktion.