Immer mehr Fußballstars entdecken Social Media für sich. Doch Jogi Löw hält nicht viel davon. Er sei „damit noch nie in Berührung gekommen“, sagte der Bundestrainer der Wochenzeitung „Die Zeit“ im Interview, und er könne nicht verstehen, warum jemand persönliche Details öffentlich machen muss. Dass eine gewisse Transparenz der eigenen „Marke“ nutzt, ist Löw nicht klar. Viele Nationalspielern haben genau das jedoch für sich erkannt.
So sind beispielsweise Mesut Özil und Philipp Lahm erfolgreich auf Facebook. Özil teilt regelmäßig Informationen mit über fünf Millionen Fans. Seine Postings sind auf Deutsch und Englisch, für die internationale Fangemeinde, verfasst. Lahm setzt in seinem Profil auf authentische Einblicke in sein Leben als Nationalspieler. Besonders sein soziales Engagement fällt positiv mit vielen Bildern ins Auge. Auch das nette „Gruß, Philipp“, mit dem er seine Beiträge beendet, zeigt, dass er das Medium verstanden hat. Diese konstante Nähe zwischen Fans und Spielern kann auf keinem anderen Weg erreicht werden. Kurz: Sportler, egal ob Fußballer oder Olympioniken, können von den reputationsbildenden Mechanismen in Social Media profitieren – vorausgesetzt sie wissen, wie:
1. Spieler, Vereine und Trainer sollten nicht unterschätzen, was Social Media für ihre Reputation, ihr Verhältnis zu den Fans und fürs Merchandising tun kann. Die hohen Spielergehälter und die mit ikonenhaften Konterfeis bedruckten Fanartikel machen deutlich: Fußballspieler sind ein Produkt, eine Marke. Es greifen die gleichen Regeln, die auch für andere Marken im Social Web gelten: Über authentische Kommunikation und aktive Communitys können virale Reichweiten, Nähe und Loyalität aufgebaut werden.
2. Obwohl Jogi Löw vom Twittern und Facebooken nicht viel hält, kann das den Spielern niemand grundsätzlich verbieten. Die Meinungsfreiheit gilt hierzulande auch für Fußballspieler. Feste Regeln sind wichtig. Denn als Personenmarke kommunizieren sie nicht nur für sich, sondern für ihr Team, ihren Verein und ihre Sponsoren. Wie alle, die öffentlich kommunizieren, sollten Spitzensportler in Social Media geschult werden. In Amerika haben das Sportverbände wie die National Basketball Association (NBA) oder die National Football League (NFL) erkannt und Social Media Policies herausgegeben.
3. Athleten sollten innerhalb ihrer Kommunikation nie vergessen, wer und wie viele ihnen „zuhören“. Eine gewisse Sorgfalt etwa bei der Orthografie gehört zu professioneller Kommunikation dazu. Auch der Verzicht auf Flüche, Fäkalworte und nicht Jugendfreies sollte selbstverständlich sein. Darüber hinaus sollte den Sportlern bewusst sein, dass unqualifizierte Kommentare schnell sehr große Wellen schlagen und diskriminierende Inhalte zu juristischen Strafen etc. führen können. Deshalb dürfen sich Sportler auf keinen Fall provozieren lassen, unbedachte Kommentare zu veröffentlichen. Auch die Illusion von privaten Nachrichten sollten Sportler ablegen: Sie sind in Sekunden öffentlich und weltweit verbreitet.
Bestes Beispiel ist die australische Leistungsschwimmerin Stephanie Rice, die einen homophoben Tweet absetzte und sich daraufhin öffentlich und tränenreich per Video entschuldigte (http://bit.ly/M7fMmP). Andere Sportler bekamen für ähnliche Vorfälle Geldstrafen oder mussten sogar ihre Karriere beenden. @lancearmstrong und @tonyhawk hingegen liefern ihren Abonnenten interessante Einblicke und qualifizierte Kommentare – der eine hat über drei, der andere 2,6 Millionen Follower.
Immerhin: Die Regeln, die Jogi Löw aufgestellt hat, sind ein Anfang: „Der Inhalt der Teambesprechungen, Taktik, Verletzungen und so weiter sind Tabu. Ebenso die Privatsphäre von Mitspielern und Betreuern.“ Auch Social-Media-Fitness kann man schließlich antrainieren.
Klaus Eck ist PR-Blogger und hat mit „Transparent und glaubwürdig“ ein neues Buch vorgelegt.
ke@eck-kommunikation.de
TIPPS
Drei Regeln für Sportler im Netz:
01 Sportler sind eine Marke. Für sie gelten im Social Web die gleichen Regeln wie für alle anderen Produkte.
02 Verbote sind kontraproduktiv. Die Meinungsfreiheit gilt auch für Sportler, auch im Internet. Legen Sie klare Regeln fest.
03 Postings und Tweets sollten so professionell wie möglich sein: ohne Fehler, ohne Flüche, ohne Diskriminierungen.
Erschienen in Ausgabe 07+08/202012 in der Rubrik „Praxis“ auf Seite 69 bis 71 Autor/en: Klaus Eck . © Alle Rechte vorbehalten. Der Inhalt dieser Seiten ist urheberrechtlich geschützt. Für Fragen zur Nutzung der Inhalte wenden Sie sich bitte direkt an die Redaktion.