Kontinent der Vorurteile
Alexis Neuberg, Margarete Gibba: „Verantwortungsbewusster Journalismus. Afrikas Dimension in der westlichen Medienlandschaft“, LIT 2012, 132 Seiten, 19,90 Euro.
Berichterstattung läuft oft Gefahr, Stereotype oder gar Vorurteile zu bedienen. Was Afrika betrifft, ist dies in besonderer Weise der Fall. Radio Afrika TV, für das die beiden Autoren arbeiten, begann 1997, seine Sendungen über den ORF auszustrahlen. Ziel sei, das Bild zu korrigieren, das man in Europa von Afrika hat. Dem Band liegt ein Symposium zugrunde, das anlässlich des African Press Day 2010 stattfand. Den Schwerpunkt bildet zwar die Afrikaberichterstattung österreichischer Medien, Deutschland kommt nur am Rande vor, doch die Erkenntnisse lassen sich leicht übertragen. Das Buch wirft auch einen Blick in die USA und nach Frankreich. Eine wichtige Erkenntnis lautet: Afrikanerinnen und Afrikaner müssen das Afrika-Bild selbst ändern – vor Ort, in Afrika, um dieses Bild dann „exportieren“ zu können. Entscheidend seien Erfolgsgeschichten, etwa von Kindern, die einmal zehn Kilometer zu Fuß zur Schule zurücklegen mussten und später studierten. Das Beste, was der Westen machen könne, sei, Medien in den afrikanischen Ländern selbst zu unterstützen.
Fünf vor zwölf
Marc Jan Eumann: „Journalismus am Abgrund. Wie wir in Zukunft Öffentlichkeit finanzieren“, Vorwärts 2011, 115 Seiten, 10 Euro.
Als Vorsitzender der Medienkommission beim SPD-Parteivorstand behandelt Marc Jan Eumann die Frage der künftigen Finanzierung von Journalismus als öffentlicher Dienstleistung auch unter rechtlichen Aspekten. Um die wirtschaftliche Basis von Verlagen zu stabilisieren, plädiert der Autor explizit für gesetzliche Maßnahmen. Quasi „à la française“. Denn im Nachbarland gibt es eine umfangreiche staatliche Presseförderung, die auch die Konservativen goutieren. Geht es doch um ein hohes Gut oder, in den Worten von Jürgen Habermas: „Keine Demokratie kann sich ein Marktversagen auf diesem Sektor leisten.“ Alternativen lägen laut Eumann noch im Mäzenatentum oder in Stiftungen, die Journalismus finanzieren. Für Letztere plädiert er in seinen 14 Thesen zum Schluss. Darin argumentiert er unter anderem, dass Stiftungen nicht nur für das Geld sorgten, sondern auch für Unabhängigkeit und Transparenz.
PR im Prozess
Peter Engel, Walter Scheuerl: „Litigation-PR“, Carl Heymanns 2012, 102 Seiten, 39 Euro.
Wie lässt sich erfolgreiche Medien- und Öffentlichkeitsarbeit im Gerichtsprozess betreiben? Otto Schily weist in seinem Vorwort darauf hin, dass ein Imageschaden, der aus einer fehlerhaften Kommunikationsstrategie entsteht, weitaus größer sein könne als ein negativer Prozessausgang. Die Autoren gießen ihre Erfahrungen in 15 Regeln für professionelle Litigation-PR. Eine davon lautet: Wer sich zu offensiv in die Medien begibt, verschlechtert seine juristischen Chancen. Richter seien hier nachvollziehbarerweise empfindlich.
Das Wahre, Schöne, Gute
Bruno-Hagen Hennerkes, George Augustin (Hrsg.): „Wertewandel mitgestalten“, Herder 2012, 637 Seiten, 24 Euro.
Einst selbstverständliche Werte wie Anstand sind ins Wanken geraten, neue Werte wie die viel zitierte Nachhaltigkeit prägen den Beginn des 21. Jahrhunderts. Unter dem Motto „Gut handeln in Gesellschaft und Wirtschaft“ vereint der Band Beiträge von Autoren aus verschiedensten Bereichen. Wolfgang Schäuble, Reinhard Kardinal Marx oder Necla Kelek nehmen eine Standortbestimmung vor. Das achte und abschließende Kapitel beschäftigt sich mit Werten und Wertewandel in den Medien: Darin stellt Jörg Eigendorf, Mitglied der Chefredaktion der „Welt“-Gruppe, fest, dass die Technologieentwicklungen die Gefahr von Grenzüberschreitungen noch erhöht hätten. Umso wichtiger sei heute ein journalistischer Wertekanon.
Bernd Stössel ist freier Journalist in Frankfurt.
bernd.stoessel@t-online.de
Erschienen in Ausgabe 09/202012 in der Rubrik „Praxis“ auf Seite 62 bis 62. © Alle Rechte vorbehalten. Der Inhalt dieser Seiten ist urheberrechtlich geschützt. Für Fragen zur Nutzung der Inhalte wenden Sie sich bitte direkt an die Redaktion.