Rückt die Akten raus!

„Dazu geben wir keine Informationen heraus“: Transparenz ist vielen Behörden immer noch ein Greuel. Das Informationsfreiheitsgesetz (IFG) kann ein mächtiges Instrument sein – und für Redaktionen ein entscheidendes Recherchetool. Voraussetzung ist allerdings, dass die Redakteure nicht nur wissen, wann man es anwenden kann, sondern auch die finanzielle Rückendeckung der Redaktion erhalten, wenn sie auf eine abschlägig beschiedene Auskunftsanfrage Klage einreichen wollen.

Beispiele aus der letzten Zeit: Das WAZ-Rechercheteam erreichte, dass das Bundesinnenministerium die Medaillenziele der deutschen Olympioniken offenlegt und die Stadt Mülheim Einblick gewährt in ein Gutachten zu Millionenwetten mit der WestLB (die Berufungen laufen noch). Verbraucherschützer Thilo Bode klagte via IFG die Freigabe der Gästeliste des Geburtstagsdinners ein, das das Bundeskanzleramt für Ex-Deutsche-Bank-Chef Josef Ackermann ausgerichtet hatte. Transparency International bekam Auskunft über die finanziellen Zuwendungen für Ärzte und die „taz“ zwang den Regierenden Bürgermeister Klaus Wowereit zur Offenlegung der Sponsoren seines Sommerfests.

Die Regeln

Gegenüber dem normalen presserechtlichen Auskunftsanspruch bietet das IFG wesentliche Vorteile: Zum einen erlaubt es Einsicht in komplette Akten und zielt nicht nur auf die Beantwortung einer bestimmten Frage ab. Auch muss jede Anfrage nach dem IFG binnen zwei Wochen beschieden werden; eine abschließende Stellungnahme kann also nicht über Monate verschleppt werden. Drittens kann man sich bei abschlägigen Bescheiden an den zuständigen Datenschutzbeauftragten wenden: Der ist nämlich auch für das IFG zuständig und steigt zickigen Behörden auch schon einmal persönlich auf die Füße. Außerdem veröffentlichen die Datenschutzbehörden einmal jährlich einen Bericht mit Negativfällen.

Wichtig zu wissen ist, dass derzeit der Bund und die Länder Berlin, Bremen, Hamburg, Mecklenburg-Vorpommern, Nordrhein-Westfalen, Saarland, Sachsen-Anhalt, Schleswig-Holstein, Thüringen (jeweils einschließlich aller kommunalen Daten) ein IFG haben. Aber Achtung, jedes hat einen unterschiedlichen Anwendungsbereich. Grundsätzlich gilt: Wenn Daten als geheim eingestuft sind, Geschäftsgeheimnisse oder private Daten betreffen oder die Veröffentlichung die öffentliche Sicherheit gefährdet, kann die Herausgabe verweigert werden – allerdings nur für den betreffenden Teil, der bei einer Auskunft geschwärzt wird. Gerade bei dem Umfang der nötigen Schwärzung gibt es oft Streit – hier kann der Beauftragte für die Informationsfreiheit weiterhelfen, der mit der Behörde verhandeln kann. Er kann auch prüfen, ob die grundsätzlich zulässige Gebühr einer Behörde für die Erteilung einer Information zu hoch ausgefallen ist. Wenn die Sache dringend ist, weil anderenfalls das öffentliche Interesse nicht mehr bestünde, kann die Auskunft ausnahmsweise auch im Wege des Eilrechtsschutzes verlangt werden. Wenn eine zeitliche Verzögerung allerdings keine Nachteile bringt, muss ein – unter Umständen langwieriges – Hauptsacheverfahren eingeleitet werden.

Ähnlich wie das Informationsfreiheitsgesetz funktioniert übrigens das Umweltinformationsgesetz. Es gilt zwar nur für Umweltthemen – aber dafür in allen Bundesländern.

Stephan Zimprich ist Rechtsanwalt im Hamburger Büro der internationalen Sozietät Field Fisher Waterhouse.

stephan.zimprich@ffw.com

Erschienen in Ausgabe 09/202012 in der Rubrik „Praxis“ auf Seite 60 bis 60. © Alle Rechte vorbehalten. Der Inhalt dieser Seiten ist urheberrechtlich geschützt. Für Fragen zur Nutzung der Inhalte wenden Sie sich bitte direkt an die Redaktion.