Fest für die Quote

Wenn Giovanni di Lorenzo eine Headhunterin beauftragt, um Kandidatinnen für journalistische Führungsjobs bei der „Zeit“ zu suchen, die Findungskommission in Sachen WDR-Intendant/in gezielt auch nach weiblichen Bewerbern Ausschau hält und bei der „Süddeutschen“ neuerdings eine Frauengruppe die Anliegen von Journalistinnen forciert, ist das „Pro Quote“ zu verdanken. Seit einem Jahr fordert die Gleichstellungsinitiative die Verantwortlichen in den Medienhäusern durch Briefe, in Gesprächen und durch öffentlichkeitswirksame Aktionen wie die „Quoten-taz“ dazu auf, bis 2017 mindestens 30 Prozent der redaktionellen Führungspositionen mit Frauen zu besetzen.

Und es hat sich schon etwas getan. Mit Sabine Rückert bei der „Zeit“, Antonia Götsch bei „Impulse“, Sabine Kartte beim „Stern“ und Birte Lindlahr bei „Beef“ gibt es vier neue weibliche Mitglieder in Chefredaktionen – „Vorbilder, die genauso wichtig sind wie die Quote“, wie Vereinsvorsitzende Annette Bruhns findet – und adressiert an „Stern“ -Chefredakteur und Nannen-Preis-Ausrichter Thomas Osterkorn anmahnt: „Preise machen Karrieren, daher sollte eine ausgewogene Jury entscheiden.“

Wer als Frau aufsteigt, muss zuallererst einmal eines: gut sein. Daher freuen sich nicht alle Aufsteigerinnen, mit der Quoten-Förderung in einem Atemzug genannt zu werden. Wenn aber „Bild“-Chef Diekmann Tanit Koch, Doris Hart und Alexandra Würzbach noch vor der offiziellen Bekanntgabe ihrer Berufung zu stellvertretenden Chefredakteurinnen bzw. zur Textchefin/Mitglied der „Bild“-Chefredaktion auf Twitter gratuliert, zeigt das, wie sehr Frauenförderung auch zum Imagethema geworden ist.

„Pro Quote“ hat aber nicht nur männliche Alpha-Tiere zum Umdenken bewegt, sondern – und das ist vielleicht das größte Verdienst des Vereins – auch die Journalistinnen und Medienfrauen selbst. Nicht warten, dass frau von ihrem Chef gefragt wird, sondern sich selbst melden, sobald es eine Führungsposition zu besetzen gibt – das war von Anfang an der Rat des Vorstands und seiner prominenten Unterstützerinnen an ihre Geschlechtsgenossinnen. Und er wurde gehört, wie die Unterschriften von über 4.200 Frauen – und übrigens auch Männern – auf der Kampagnen-Website beweisen. Wer die Forderung von „Pro Quote“ öffentlich unterstützt, wird sich im Redaktionsalltag nicht mehr kleinhalten oder mit Komplimenten für die „wie immer gute Arbeit“ abspeisen lassen.

PS. Am Abend der Quoten-Bilanz-Party wurden auch „Preise mit Gefühl“ verteilt: Giovanni di Lorenzo erhielt einen goldenen „Hahn im Korb“ für seinen „Mut, die Macht mit Frauen zu teilen“ (außer Sabine Rückert hat er auch Tina Hildebrandt zur Leiterin des „Zeit“-Hauptstadtbüros und Iris Radisch zur Ressortleiterin Feuilleton berufen), Frank Schirrmacher (FAZ) den „Trau dich“-Frosch als Ermutigung „für mehr Normalität in der Redaktion“ und Peter Boudgoust (SWR) das „Hasenherz“ für seine „Feigheit gegenüber der Quote“. Die Preise und die Auftritte von Arbeitsministerin Ursula von der Leyen und Gleichstellungssenatorin Jana Schiedek waren letztlich jedoch weniger wichtig, als die Stimmung unter den Frauen und bezeichnenderweise auch vielen Männern bei der Party. Wer dabei war, weiß, dass sich die Quote nicht mehr wegdiskutieren oder aussitzen lässt. Dominik Wichmann kann davon seit der Berufung seiner rein männlichen Vize-Chefredakteure beim „Stern“ sicher ein eigenes Lied singen.

Erschienen in Ausgabe 03/202013 in der Rubrik „Medien und Beruf“ auf Seite 36 bis 36 Autor/en: Katy Walther. © Alle Rechte vorbehalten. Der Inhalt dieser Seiten ist urheberrechtlich geschützt. Für Fragen zur Nutzung der Inhalte wenden Sie sich bitte direkt an die Redaktion.