Eigene vier Wände sind Jörg Quoos wichtig. Er ist ja schließlich kein Söldner. Wenige Tage nach seinem Amtsantritt zog er daher aus dem Hotelzimmer in einen Altbau im Münchner Glockenbachviertel. Die Familie – seine Frau, die bei „Bild“ arbeitet, seine frisch eingeschulte Tochter (7) und Sohn Julius (5) – lebt vorerst weiterhin in Kleinmachnow, südlich von Berlin.
1989, als die Mauer fiel, fühlte sich der gebürtige Heidelberger als Journalist bei der „Rhein-Neckar-Zeitung“ am falschen Ort. Blind bewarb er sich bei Springer – und landete nicht wie erhofft bei der Abonnementzeitung „Berliner Morgenpost“, sondern beim Boulevardblatt „B.Z.“. Chefredakteur war Wilhelm Pannier, ein Boulevardmann alten Schlages. Quoos litt unter Panniers Regiment. Doch bald kam mit Claus Larass neuer Wind in die Redaktion. Im Schlepptau brachte der neue Chefredakteur von Burdas „Bunte“ Kai Diekmann mit. Schon ein Jahr später zog es Larass weiter nach Hamburg. Er wurde Chefredakteur von „Bild“. Wieder nahm er Diekmann mit. Quoos wollte nicht. Auf Diekmanns Terrasse in Berlin-Friedenau bedurfte es einiges an Überredungskunst, Wein und Grappa. Irgendwann in dieser lauen Sommernacht gab sich Quoos geschlagen. Er blieb 16 Jahre bei „Bild“, acht davon als Stellvertreter Diekmanns, der 2001 Chefredakteur der Boulevardzeitung wurde. 2008 zog „Bild“ um und so kam Quoos zurück nach Berlin. Diekmann vertraute ihm, ebenso die Redaktion, die Quoos nicht zuletzt für seine soziale Kompetenz schätzte. Alles hätte also so bleiben können. Etwas Neues wäre allerdings auch nicht schlecht, dachte Quoos angesichts des nahenden 50. Geburtstags am 27. August 2013. Eines Tages klingelte das Telefon. Es gehe um die Chefredaktion eines bundesweit erscheinenden Objekts, sagte der Headhunter. Gemeint war „Focus“. Erste Gespräche folgten: mit Uli Baur, später mit Vorstand Philipp Welte, Vorstandschef Paul-Bernhard Kallen und Verleger Hubert Burda. Quoos sagte zu, das Heft zum 1. Januar 2013 zu übernehmen.
Quoos ist Printmann, zu „Focus“ gehört aber auch „Focus Online“. Die Situation ist nicht einfach, beide sind gesellschaftsrechtlich getrennt. Solange ihn keiner daran hindere, könne man trotzdem miteinander reden, findet Quoos. Zumal sowohl Oliver Eckert, der Geschäftsführer, als auch Daniel Steil, der Chefredakteur von „Focus Online“, von „Bild“ kommen. „Wir bauen uns Auffahrtsrampen, statt uns gegenseitig abzuschotten“, sagt Quoos. Wie so oft verhält er sich pragmatisch. Erst einmal arrangiert er sich mit dem, was er vorfindet.
So ähnlich verhält es sich mit seinem neuen Büro. Er fremdelt ein wenig mit dem schwarzen Leder der Sitzgruppe, die bei Burda zur Chefausstattung gehört. Auch mit dem Bild hinter seinem Schreibtisch hat er sich noch nicht ganz angefreundet. Ausgesucht hat er es sich im Burda-eigenen Kunstkeller auch deshalb, weil es in seinem Geburtsjahr entstand: 1963. Quoos streicht mit den Fingern über das abstrakte Motiv. Die Haptik hat es ihm bereits angetan.
Erschienen in Ausgabe 03/202013 in der Rubrik „Titel“ auf Seite 24 bis 25. © Alle Rechte vorbehalten. Der Inhalt dieser Seiten ist urheberrechtlich geschützt. Für Fragen zur Nutzung der Inhalte wenden Sie sich bitte direkt an die Redaktion.