Der Präsident und die Medien

Wenn in Tschechien ein neuer Präsident in sein Amt eingeführt wird, sonnt sich das ganze Land in höfischem Glanz: Salutschüsse donnern aus Kanonen, es ertönen Hymnen und Fanfaren und das Ganze gipfelt in einer Militärparade auf der Prager Burg, dem majestätischen Amtssitz des Präsidenten. Dass Journalisten bei so viel Prunk nur stören, erfuhren sie jetzt gleich doppelt, als der 68-jährige Miloš Zeman das Amt antrat: Etliche Berichterstatter bekamen keine Akkreditierung für die Zeremonie – man könne ja, hieß es lapidar, alles auf der Großbildleinwand vor der Burg verfolgen. Dort achteten allerdings bewaffnete Sicherheitskräfte darauf, dass in den ersten Reihen nur Zeman-Fans mit Zeman-Fahnen, Zeman-Schals und Zeman-Ansteckern einen Platz bekamen.

Die eigentliche Überraschung bestand darin, dass der neue Präsident einen großen Teil seiner Antrittsrede ausgerechnet den Journalisten widmete. Er versprach, gegen drei „Inseln negativer Deviation“ zu kämpfen; erstens gegen die grassierende Korruption, zweitens gegen Neonazis – und drittens gegen „einen Großteil der tschechischen Medien“. Die betrieben Gehirnwäsche und manipulierten die öffentliche Meinung; ihre Vertreter kombinierten „minimale Kenntnisse mit maximalem Selbstbewusstsein“. Aus seiner Abneigung gegen Journalisten hat der frühere Premierminister Zeman noch nie einen Hehl gemacht. Seine beliebteste Methode bei Interviews war es, sein Gegenüber so lange zu schmähen, bis er im Gespräch die Oberhand hatte. Als sich jetzt in der Präsidenten-Direktwahl viele Kommentatoren offen gegen Zeman ausgesprachen – vor allem wegen der Verleumdungen und falschen Anschuldigungen, die er in einer selbst für tschechische Verhältnisse beispiellosen Schmutzkampagne gegen seinen Konkurrenten aufgefahren hatte –, dürfte das seine Wut zusätzlich geschürt haben.

Und die tschechischen Journalisten? Die reagieren auf ihren Top-3-Platz in der Liste der nationalen Gefahren erstaunlich selbstkritisch. Ja, es habe in der Vergangenheit viele Kollegen gegeben, die Wendehälse gewesen seien und schlecht ausgebildet zudem. Aber während Zeman ganz der alte geblieben sei, hätten sich die Journalisten weiterentwickelt. „Wenn Miloš Zeman wieder einen seiner Angriffe startet“, schreibt ein Kommentator, „sind wir jedenfalls vorbereitet“.

Erschienen in Ausgabe 04/202013 in der Rubrik „Rubriken“ auf Seite 10 bis 11 Autor/en: Kilian Kirchgessner. © Alle Rechte vorbehalten. Der Inhalt dieser Seiten ist urheberrechtlich geschützt. Für Fragen zur Nutzung der Inhalte wenden Sie sich bitte direkt an die Redaktion.