„Fast mit einem Dax-Konzern vergleichbar“

Wenn Sie für den WDR einen Intendanten backen könnten, wie würde er aussehen?

Andrea Verpoorten: Von einem idealen Kandidaten erwarte ich mir Erfahrung aus anderen Häusern. Der muss ja gar nicht von einem öffentlich-rechtlichen Sender kommen. Jemanden mit Erfahrung aus dem Privatfernsehen oder anderen Teilen der Wirtschaft fände ich wirklich gut.

Mit Peter Limbourg, Informationschef der ProSiebenSat.1-Gruppe, wird ein Privatsender-Macher Intendant der Deutschen Welle.

Richtig, aber genau so einen stelle ich mir vor.

Warum zielen Sie denn auf eine so breite Erfahrung aus der Wirtschaft ab?

Der WDR ist nach der Kirche der größte Immobilienbesitzer in Köln. Er hat rund 4.000 Mitarbeiter und hinzu kommen die Freien. Das ist fast mit einem DAX-Konzern vergleichbar.

Mit der bisherigen Intendantin Monika Piel hatten Sie Ihre Probleme. Sind Sie erleichtert?

Nein. Mich hat die Nachricht ihres Rückzugs vom Stuhl gehauen, weil ich damit überhaupt nicht gerechnet habe. Aber in Sachen Transparenz habe ich andere Vorstellungen.

Wo war Monika Piel Ihnen denn zu resistent?

Es gab ein Interview im „Stern“, da hatte Frau Piel über Verhandlungen mit Thomas Gottschalk berichtet. Am Tag darauf war Rundfunkratssitzung. Dort erkundigte ich mich nach dem Stand der Verhandlungen und bat um Einsicht in Verträge, falls schon welche geschlossen wurden. Frau Piel sagte dann – was juristisch ja korrekt ist –, dass die Verträge nur der Verwaltungsrat zu sehen bekommt. Aber das entspricht nicht meinem Verständnis von Überwachungspflicht. Ich will keine Verträge abnicken, deren Inhalt ich nicht kenne.

Können Bürger bei so einem Dickschiff wie dem WDR überhaupt voll durchblicken?

Na ja, man kann Dinge kompliziert darstellen und man kann sie einfach darstellen. Ich sage dem WDR immer wieder: Ihr müsst lernen, im Umgang mit dem Beitragszahler und mit Journalisten eine einfachere Sprache zu sprechen. Ihr müsst Öffentlichkeitsarbeit im digitalen Zeitalter lernen!

Nun sind Sie immerhin gelernte Steuerrechtlerin und komplizierte Texte gewöhnt …

Aber ich werde erschlagen mit Informationen! Die Juristen sagen immer: Wenn du einen schwierigen Deal durchbringen willst, dann versteck ihn unter ganz viel Papier. So läuft es leider immer wieder bei den Öffentlich-Rechtlichen. Man macht ganz viel drum herum und findet die entscheidende Klausel gar nicht mehr. Ich fordere vom künftigen Intendanten, in der neuen Welt anzukommen. In der gibt es höhere Anforderungen an Kommunikation, Öffentlichkeit und Sprache.

Erschienen in Ausgabe 04/202013 in der Rubrik „Medien und Beruf“ auf Seite 32 bis 32. © Alle Rechte vorbehalten. Der Inhalt dieser Seiten ist urheberrechtlich geschützt. Für Fragen zur Nutzung der Inhalte wenden Sie sich bitte direkt an die Redaktion.