„Nur konsequent“

Sie sind mit Niiu gerade zum zweiten Mal durchgestartet. Was hat vorher nicht geklappt – war Niiu als Printprodukt nicht gefragt?

Wanja S. Oberhof: Doch, wir haben tolles Feedback von Lesern und Anzeigenkunden bekommen, das Interesse war groß. Aber es zeigte sich, dass der Druck und die Logistik deutlich teurer und fehleranfälliger waren, als wir angenommen hatten.

Wie sahen die Schwierigkeiten konkret aus?

Niiu war ein Produkt, dass es so vorher nicht gab: die erste digital individualisierbare Printzeitung. Dadurch war die Technologie nicht mit den Abläufen im klassischen Zeitungsdruck vergleichbar, sondern viel komplexer.

Die Folge war, dass manche Kunden ihre Zeitung nur jeden zweiten Tag erhielten, bei anderen stimmte die Auswahl der Inhalte nicht. Bei solchen Fehlern ist es schwierig, Testleser zu langfristigen Zahlkunden zu machen.

Warum ist das iPad für Ihre Idee besser geeignet als eine Printzeitung?

Für uns selbst ist der Vorteil, dass wir nun nicht mehr die Probleme und Mehrkosten haben, die mit der Logistik verbunden waren. Darüber hinaus erlaubt die digitale Zeitung viel mehr Möglichkeiten: Beim Printprodukt mussten wir die Seiten so abbilden, wie sie in den Originalzeitungen erschienen sind. Das bedeutete, dass es keine einheitliche Optik gab: Alle Seiten hatten unterschiedliche Schriftarten, Schriftgrößen und überhaupt ein sehr unterschiedliches Erscheinungsbild. Jetzt bestimmt der Nutzer selbst das Gesamterscheinungsbild. Auch können wir jetzt Elemente wie Social-Media-Empfehlungen, Schlagwortsuche und Kommentarfunktion nutzen.

Es ist mutig, nach einem gescheiterten Versuch noch einmal neu mit Niiu anzufangen …

Da wir bei unserem ersten Versuch sowohl von Lesern als auch von Anzeigenpartnern die Rückmeldung bekamen, dass das Produkt gut und sinnvoll ist, war es nur konsequent. Wir haben die Geschäftsidee ja bereits validiert. Das einzige Problem war, dass wir unsere eigenen Versprechen nicht einhalten konnten. Da lag es nahe, es mit Niiu noch einmal zu versuchen.

Wie haben Sie es geschafft, nach dem Scheitern Ihres ersten Versuches eine Finanzierung zu bekommen?

Wir haben Niiu beim ersten Mal aus eigenen Mitteln finanziert. Beim zweiten Anlauf haben wir nun Geldgeber von unserer Idee überzeugt. Sie haben genau wie wir Potenzial und eine Marktchance gesehen. Dass wir zusätzlich konkrete Erfahrungen aus dem Print-Anlauf mitbringen, ist ebenfalls ein Vorteil.

Welche Verlage konnten Sie bereits von Ihrem Produkt überzeugen – und wie?

Wir haben den Verlagen klargemacht, dass sie mit Niiu nur gewinnen können! Niiu ist für Verlage ein weiterer Distributionskanal, spricht eine zusätzliche Zielgruppe an und bringt bares Geld. Zum Start sind Verlage wie Axel Springer, Holtzbrinck und die NZZ mit dabei. Insgesamt sind es schon über 20 Publikationen.

War es leicht, Verlage für die Idee der Niiu-app für das iPad zu begeistern?

Das war und ist sehr unterschiedlich. Manche sind sehr offen; es macht uns zum Beispiel großen Spaß, mit Axel Springer und der „Neuen Zürcher Zeitung“ zusammenzuarbeiten. Andere sind noch etwas verschlossen und von der Angst und Unsicherheit geprägt, wie die digitale Zukunft wohl aussehen wird. Die warten dann lieber erst mal ab, was im Markt passiert.

Wie sieht Ihre Kooperation mit Medienpartnern konkret aus?

Wir haben direkte Geschäftsverbindungen zu unseren Partnerverlagen. Die Verlage liefern uns ihre Inhalte, die wir in der App anbieten und wofür wir den Verlagen eine Lizenzgebühr entrichten.

Niiu wird ab zehn Euro pro Monat kosten. Warum sollten Leser so viel für eine Online-Zeitung bezahlen?

Immer mehr Inhalte sind im Netz nicht frei verfügbar, sondern werden als Premiuminhalte angeboten. Darüber hinaus gibt es die Inhalte zahlreicher Zeitungen gar nicht im Internet.

Insofern bietet Niiu sogar einen Kostenvorteil, weil Nutzer nicht mehr für verschiedene Zeitungen und Premiuminhalte bezahlen müssen, sondern alles bei Niiu lesen können. Dies zusammen mit dem Komfort, den wir bieten, lässt uns glauben, eine ausreichende Leserschaft zu finden.

Was erschwert es Medienhäusern, etwas in der Art von Niiu selbst zu entwickeln?

Unsere Unabhängigkeit ist eine große Stärke, dadurch können wir verschiedenste Inhalte in einer App kombinieren.

Das wäre als Verlagstochtergesellschaft sicherlich deutlich schwieriger. Da gäbe es Probleme, andere Verlage mit ins Boot zu holen.

INFO

Wanja Sören Oberhof (26) entwickelte 2012 zusammen mit Hendrik Tiedemann (31) die personalisierbare iPad-Zeitung Niiu, die seit März dieses Jahres verfügbar ist. Ende 2011 mussten die Gründer ihren ersten Versuch mit Niiu einstampfen: Die Logistikprobleme für die personalisierbare Printzeitung waren zu massiv. Beim zweiten Anlauf haben die Unternehmen Intan, Presse-Union, Inconcepta und Corporate Counsellors in die Niiu Publishing GmbH investiert.

www.niiu.de

Erschienen in Ausgabe 04/202013 in der Rubrik „Special“ auf Seite 58 bis 58 Autor/en: Interview: S: Yvonne Ortmann. © Alle Rechte vorbehalten. Der Inhalt dieser Seiten ist urheberrechtlich geschützt. Für Fragen zur Nutzung der Inhalte wenden Sie sich bitte direkt an die Redaktion.