Wurschteln bei Wikipedia

Im März 2013 wurde bekannt, dass der Wikipedia-Autor mit dem Nutzernamen „Arturo at BP“ auf den Wikipedia-Artikel des Ölkonzerns BP maßgeblich eingewirkt hat. So soll er Autoren zehn PR-Texte zugespielt haben, die unverändert in den BP-Artikel integriert worden seien, ohne dass der Konzern als Quelle genannt wurde.

Das hat einen großen Streit um die Objektivität der Beiträge ausgelöst. „Arturo at BP“ versichert, er habe lediglich Textvorschläge gemacht, die von unabhängigen Wikipedia-Autoren geprüft und bearbeitet wurden. Jene wiederum wehren sich und behaupten, die Artikel gesichtet und verändert zu haben. Tatsächlich ist weder „Arturo at BP“ noch dem Unternehmen rechtlich etwas vorzuwerfen.

Das BP-Beispiel zeigt, dass individuell ausgewählte Inhalte für Wikipedia-Einträge dauerhaft nicht so leicht einzubringen sind. Entsprechend ist es wichtig, dass Unternehmen ihr Augenmerk auf die Transparenz ihres Artikels legen, um nicht ebenfalls in die öffentliche Kritik zu geraten.

Aber nicht nur BP hat ein Wikipedia-Problem. Auch Daimler hat mit edierten Artikeln auf sich aufmerksam gemacht. Im Jahr 2012 waren im Daimler-Eintrag Absätze zum Thema „Lobbying“ nachweislich von einem Rechner aus gelöscht worden, der der Daimler AG zuzuordnen war. Die Passage war aber eine Minute später von einem Wikipedia-Nutzer wiederhergestellt worden.

Das Vorgehen lässt darauf schließen, dass ein Mitarbeiter von Daimler und nicht die Kommunikationsprofis für das Löschen verantwortlich waren. Das Unternehmen selbst hat in solchen Fällen kaum eine Handhabe, weil selbst ein internes Verbot nie ganz verhindern kann, dass einzelne Mitarbeiter dennoch aktiv werden.

Zwar liegt den Daimler-Mitarbeitern ein Social-Media-Leitfaden vor, in dem festgehalten ist, dass sie ihre Verbindung zum Unternehmen in einem Disclaimer kenntlich machen müssen. Wirklich kontrollieren kann man die Netzaktivitäten aber nicht.

Dagegen sprechen vor allem Daten- und Personenschutz. Die Social-Media-Guideline bei Daimler ist sicherlich ein guter Ansatz. Doch damit ein solcher Leitfaden wirklich Teil der Unternehmenskultur wird, wären etwa regelmäßige interne Schulungen sinnvoll.

Eines sollte klar sein: Die Manipulation von Wikipedia-Einträgen kann nach hinten losgehen. Wenn ein Mitarbeiter bestimmte Passagen auf Wikipedia löscht oder hinzufügt, will er den Ruf des Unternehmens verbessern. Doch wird das öffentlich, ist das Gegenteil erreicht. Konkretes Ziel einer Social-Media-Guideline sollte es daher sein, die Mitarbeiter für die Folgen ihrer Online-Aktivitäten zu sensibilisieren.

BP und Daimler distanzierten sich als Konzerne von den Veränderungen und ließen zu, dass die Einträge wieder entsprechend einer höheren Objektivität umgearbeitet wurden.

Unternehmen und potenzielle Wikipedia-Autoren sollten sich darüber im Klaren sein, dass geschönte Artikel in der Regel als solche erkannt werden und damit der Unternehmensreputation schaden.

Aber dem widerspricht auch nicht, dass Unternehmen ihre Interessen wahrnehmen und sich an der Wikipedia beteiligen. Wer sich dabei an deren Richtlinien orientiert, darf durchaus öffentlichkeitswirksam auf der Online-Plattform aktiv werden. Dazu gehört eine offene und klare Ansprache, so wie sie die PR im Idealfall ohnehin bereits gegenüber Medien und Bloggern praktiziert.

Klaus Eck ist PR-Blogger und hat mit „Transparent und glaubwürdig“ ein neues Buch vorgelegt.

ke@eck-kommunikation.de

TIPPS

So können Firmen Wikipedia nutzen

01 Keine werblichen Inhalte einstellen.

02 Die eigene Identität und Unternehmenszugehörigkeit nennen.

03 Social-Media-Leitfäden erstellen und als Teil der Unternehmenskultur begreifen.

04 Markeneinträge auf der Wikipedia im Blick behalten.

05 Alternativen zur Wikipedia nutzen: Corporate Blogs etc.

Erschienen in Ausgabe 04/202013 in der Rubrik „Praxis“ auf Seite 85 bis 85 Autor/en: Klaus Eck. © Alle Rechte vorbehalten. Der Inhalt dieser Seiten ist urheberrechtlich geschützt. Für Fragen zur Nutzung der Inhalte wenden Sie sich bitte direkt an die Redaktion.