Ja zur Quote!

Ja, ich bekenne: Ich war lange gegen eine Quote für Frauen im Beruf, auch im Journalismus. Aber ich habe meine Meinung geändert. Warum? Aus demselben Grund, warum viele Kolleginnen immer noch dagegen sind. Wir wollen nicht auf das ‚Frausein‘ reduziert werden sagt HR-Frau Katja Marx (S. 8 ff.). Da hat sie recht, ebenso wie Steffi

Czerny (Burda), die fordert: „Wir brauchen mehr Vorbilder, „Role-Models.“ (S. 12 ff.). Beide sind dennoch gegen eine Quote. Doch wenn sich wirklich etwas an Strukturen ändern soll, gilt es, damit in den Führungsetagen anzufangen – nicht bei den Volontärinnen. Sonntagsreden zur Notwendigkeit einer Frauenförderung sind in den vergangenen Jahren genug gehalten worden. Wo bleiben die faktischen Konsequenzen? Das Argument, mittlerweile seien doch beim Nachwuchs längst die Frauen in der Mehrzahl, man müsse sich schon Gedanken um eine Männerquote machen, verpufft – wie Anne Haeming schlüssig aufzeigt (S. 8f.). Denn jenseits der 30, wenn die gläserne Decke erreicht ist, dreht sich das Verhältnis immer noch drastisch um. Erst recht bei den Toppositionen. Zugegeben, wer das nur auf „die Verhältnisse“ und patriarchalische Strukturen schiebt, macht es sich zu leicht. Vielleicht haben wir zu lange verkannt, dass es einfach nicht genügt, „besser“ sein zu wollen. Man bzw. frau muss auch die Spielregeln der Macht kennen und bereit sein mitzuspielen. Erst dann lassen sich eigene Regeln aufstellen.

Immerhin, es ist bemerkenswert, wie sich der Wind in Sachen Quote in den letzten Monaten zu drehen scheint.Selbst Gabor Steingart zeigte sich im „Handelsblatt“ als Freund der Quote und Mathias Döpfner ruft für Axel Springer eine Frauenquote aus. Doch das erntet keineswegs einhellige Zustimmung – wie die Beiträge in dieser Ausgabe der „Journalistin“ zeigen. Wir haben diesmal bewusst nahezu ausschließlich Journalistinnen um ihren Beitrag oder ein Gespräch gebeten – weil wir das Stimmungsbild der Kolleginnen widerspiegeln wollten. Wie weit das auseinanderklafft, verdeutlichen die Antworten der beiden ARD-Intendantinnen Monika Piel und Dagmar Reim (S. 10 f.). WDR-Chefin Piel ist gegen eine Quote, rbb-Chefin Reim dafür. Ihre Begründung: „Zu lange haben wir gedacht, dass ein Bewusstseinswandel eine Quote überflüssig machen würde. Doch der Fortschritt ist eine Schnecke. Um aus ihr einen Turbo zu machen, bedarf es zunächst einer Quote. Für den Übergang.“ Deshalb sage auch ich heute: Ja zu einer Selbstverpflichtung zur Frauenbeförderung in Führungsetagen, als „Anschubquote“, wie Chris Köver („Missy Magazin“) das nennt. Ich bin gespannt, ob der Springer-Vorstoß Schule macht. Und tatsächlich mehr bewegen wird als zusätzliche Chef-Titelbezeichnungen.

Erschienen in Ausgabe Journalistin 2010/20Journalistin 2010 in der Rubrik „Editorial“ auf Seite 3 bis 3. © Alle Rechte vorbehalten. Der Inhalt dieser Seiten ist urheberrechtlich geschützt. Für Fragen zur Nutzung der Inhalte wenden Sie sich bitte direkt an die Redaktion.