Fünf Spielregeln für den Redaktionsalltag

Auch wenn die Zeiten im Journalismus beim Kampf um Page Views, Klickraten und Auflagen im Umbruch sind, so heißt das nicht, immer atemloser mit Block, Mikro und Videokamera zwischen nicht enden wollenden Konferenzen, Newsdesk und Terminen durch den Redaktionsalltag zu rennen. „Es sind nicht unsere Füße, die uns weiterbewegen, sondern es ist unser Denken“, sagen die Chinesen.

Frauenkarrieren entwickeln sich nicht von allein, wenn das Programm voll und das Büro leer ist. Wer sich selbst managen will, sollte seine Rollen gut kennen. Beruflicher und privater Erfolg hat schließlich viel damit zu tun, eigene Ziele zu entwerfen.

Für Mutige gilt die Devise, die die Journalistinnen Claire Shipman und Katty Kay in dem angelsächsischen Bestseller „Womenomics“ vertreten: Sich nicht dem Job anpassen, sondern sich einen Job suchen, der zu den eigenen Bedürfnissen passt. Frauen, die wissen, was sie wollen, können sich auf den Weg machen oder auch zu dem Schluss kommen, sie sind schon angekommen. Gratulation! Hoffentlich gibt es diesen Job in Zeiten von „Online first“, der Jagd nach dem jungen, urbanen Leser und zumeist sinkenden Auflagen noch länger! Risikoanalysen in komplexen Szenarien mit unkalkulierbaren Variablen wie Redaktionsverschmelzungen, Budgetkürzungen und Chefredakteurswechseln empfehlen sich.

Sabine Asgodom, eine der bekanntesten Managementtrainerinnen Deutschlands, auch Journalistin, rät in ihrem Buch „Zwölf Schlüssel zur Gelassenheit“, sich immer wieder umzuschauen: „Wo bin ich, wo sind die anderen? Stimmt der Weg noch, auf dem ich mich befinde? Lohnt der Preis noch, den ich für meine Ziele zu zahlen habe?“

Beruflicher Erfolg bedeutet schließlich für jede etwas anderes. Das heißt allerdings auch, sich von der Opfermentalität zu verabschieden und das von Managementberater Reinhard K. Sprenger schon vor Jahren propagierte „Prinzip Selbstverantwortung“ zu leben. Im Veränderungsdschungel der auf Synergie-Effekte getrimmten Redaktionen helfen ein paar Spielregeln, um als Frau nicht übersehen zu werden:

1. Keine falsche Bescheidenheit!

Sondern PR in eigener Sache: Es sollte nicht nur der Redaktionscowboy auf den Konferenzen breitbeinig und mit über dem Kopf verschränkten Armen über seine Erfolge lamentieren. Wenn Sie gute Arbeit leisten, verkaufen Sie sie entsprechend und lassen Sie sich nicht das Wort abschneiden.

2. Ressortübergreifende Projekte!

In crossmedialen Zeiten ist es wichtiger denn je, hausintern gut verdrahtet zu sein. In ressortübergreifenden Projekten lernen Sie Kolleginnen und Kollegen aus anderen Bereichen und anderen Hierarchieebenen kennen. Hier können Sie sich als kreativer Kopf mit guten Ideen einen Namen machen. Achtung: Lassen Sie sich nicht nur zeitraubende Aufgaben aufdrücken, wie etwa das unbeliebte Protokoll zu schreiben.

3. Nicht als Everybody’s Darling in die Harmoniefalle tappen!

Positionen zu vertreten ist bisweilen unbequem, macht aber sichtbar und stärkt die Durchsetzungskraft. Trainieren Sie Ihr Konfliktmanagement. Frauen hilft es strategisch nur selten, unterschätzt zu werden. Melden Sie sich für Prestigeaufgaben. Warten Sie nicht, bis Sie angesprochen werden. Und stehen Sie immer einmal mehr auf, als Sie in die Knie gehen, gilt besonders nach Fehlern. Perfektion bitte nur, wo es sich auch lohnt.

4. Einfluss nehmen!

Entscheiden Sie mit, wo Sie können, damit Sie nicht in den Ruf geraten, alles widerstandslos hinzunehmen. Lassen Sie sich also nicht nur die weichen Themen aus den Bereichen Familie, Kultur und Soziales aufdrücken, sondern lernen Sie, „Nein!“ zu sagen. Am besten mit einem Alternativvorschlag, was Sie stattdessen tun. Lassen Sie sich von rauen Tönen nicht einschüchtern. Doch Vorsicht: Laute Männer gelten noch immer als durchsetzungsstark, Frauen als hysterisch.

5. Networking!

Nutzen Sie Branchentreffs, Stammtische und Verbände, Seminare und Workshops, soziale Netzwerke wie Facebook als Kontaktbörse. Je breiter Sie vernetzt sind, desto eher hören Sie von neuen Entwicklungen und offenen Stellen, von Trends und Themen. In Zeiten wie diesen ist das Gold wert.


DIE AUTORIN:

Sabine Schicke ist ist Vize-Lokalchefin bei der „Nordwest-Zeitung“ und arbeitet außerdem als Dozentin und Moderatorin.

Buchtipps:
Claire Shipman, Katty Kay: „Womenomics“, Eichborn 2010, 271 S., 19,95 Euro
Marion Knaths: „Spiele mit der Macht: Wie Frauen sich durchsetzen“, Hoffmann und Campe 2007, 128 S., 12,95 Euro

Erschienen in Ausgabe Journalistin 2011 in der Rubrik „Praxis“. Autor/en: Sabine Schicke. © Alle Rechte vorbehalten. Der Inhalt dieser Seiten ist urheberrechtlich geschützt. Für Fragen zur Nutzung der Inhalte wenden Sie sich bitte direkt an die Redaktion.