Top-Frauen rund um die Welt

USA

Barbara Walters (78), TV-Journalistin

Wahrscheinlich hat niemand so viele zentralen Figuren der Zeitgeschichte interviewt wie die amerikanische Nachrichtenjournalistin Barbara Walters. Saddam Hussein und Castro ebenso wie sämtliche US-Präsidenten seit der Nixon-Ära. 1977 schrieb sie Fernsehgeschichte, mit dem ersten Interview mit Ägyptens Präsidenten Sadat und dem israelischen Ministerpräsidenten Begin – von ihr arrangiert. Das hielt Walters, die als erste Frau die US-Abendnachrichten mitmoderierte, nie von soften Nachrichten ab. Ihr Gespräch mit Monica Lewinsky verfolgten 74 Millionen Zuschauer, da kam das Gespräch mit Paris Hilton via Telefon in der Zelle nicht heran. Heute moderiert sie Sondersendungen und wochentags ihre Talkshow „The View“. Diese erhielt drei Mal den Emmy, den Fernsehoscar – und Walters selbst im Juni einen Stern auf dem legendären Walk of Fame in Hollywood.

Von einer solchen Karriere können viele der 350 Mitglieder im Journalistinnennetzwerk JAWS –Journalism and Women Symposium zwar nur träumen. Aber das mindert nicht das Engagement des 1985 von der AP-Reporterin Tad Bartimus gegründeten Netzwerks, das sich Mentoring, Austausch, Fortbildung von Frauen im Journalismus verschrieben hat. Tipp: Jeden Herbst wird im „Camp“ ein Wochenende lang diskutiert, unter den Gästen Pulitzerpreisträgerinnen, Künstlerinnen wie Judy Chicago oder die erste Generalin der US-Air Force. Der Mitglieds-Jahresbeitrag beträgt65 Dollar. Internet: www.jaws.org.

Silvia Feist, New York

Dänemark

Lisbeth Knudsen (54), Chefredakteurin „Berlingske Tidende“

Während ihrer journalistischen Karriere hat Lisbeth Knudsen schon öfter Aufmerksamkeit erregt. Zum Beispiel, als sie, obgleich als politisch konservativ geltend, 1990 Geschäftsführerin des Gewerkschaftsverlages „A-Pressen“ wurde, wo sie bis zu ihrem Wechsel zum dänischen Radio 1998 blieb. Ihren jetzigen Posten als Chefredakteurin der Tageszeitung „Berlingske Tidende“ hat sie dem Umstand zu verdanken, dass das öffentlich-rechtliche Radio sparen musste und sie deshalb degradieren wollte. Also kündigte sie 2006 und übernahm im April 2007 den Chefposten bei „Ber-lingske Tidende“. Das konservative Blatt war erst kurz zuvor von David Montgomerys Mecom-Gruppe übernommen worden. Knudsen, die schon zu Anfang ihrer Karriere bei „Berlingske“ gearbeitet hatte, ist August 2007 auch Mitglied der Geschäftsführung von „Ber-lingske“. Ein Machtfaktor mehr.

Seit Sommer 2006 gibt es zudem das Netzwerk K2 mit heute rund 80 Mitgliedern. Ziel ist vor allem, für mehr weibliches Führungspersonal wie Knudsen (die ebenfalls K2-Mitglied ist) in den Medien zu sorgen. K2 organisiert Veranstaltungen mit Personalberatern und weiblichem Führungspersonal, nicht nur aus der Medienbranche. Die Mitgliedschaft kostet rund 80 Euro pro Jahr. Statt einer einzigen Vorsitzenden gibt es eine kollektive Leitungsgruppe, die daran arbeitet, die Organisation überflüssig zu machen: „Die Idee ist, dass das Netzwerk sich selber auflöst, wenn dänische Medien zu 40 Prozent weibliche Chefs haben“, so Knudsen, die dem Führungsgremium allerdings nicht angehört. Internet: www.k2-net.dk

Clemens Bomsdorf, Kopenhagen

Serbien

Olja Beckovic (43), Talkshowgastgeberin

Olja Beckovic ist die Christiansen von Serbien. Ihre Polit-Talkshow „Utisak nedelje“ (Eindruck der Woche) ist seit 14 Jahren die meistgesehene politische Sendung des Landes. Olja ist Moderatorin, Autorin und Produzentin der Sendung beim ehemals oppositionellen Sender „B92“. Jede Woche diskutieren dort drei Prominente kontrovers über ein Thema, weitere politisch relevante Themen werden in kurzen Filmen vorgestellt und von Zuschauern per Telefon bewertet, ein Thema zum „Eindruck der Woche“ gewählt. Nicht selten wird die Moderatorin am Telefon beschimpft, aber auch gelobt. Die umstrittene Sendung „prüfe den Puls der öffentlichen Meinung und bewegt die Zuschauer ihre eigene Meinung zu bilden“, so die Presse. „Olja nationale“, wie sie heute genannt wird, hat ihren Ursprungsberuf Schauspielerin nach einigen unbedeutenden Filmen aufgegeben und zunächst beim Belgrader TV-Sender „Studio B“ als Reporterin gearbeitet. Heute wird ihre Sendung auf großen Werbetafeln angekündigt, für Politiker und Prominente ist es eine Ehre, in ihrer Sendung auftreten zu dürfen, obwohl ihre Fragen gefürchtet sind. Olja Beckovic ist Witwe und hat einen 12-jährigen Sohn.

Ein institutionalisiertes Netzwerk von Journalistinnen gibt es in Serbien nicht, aber der Anteil von Frauen in der Branche ist hoch und Vorsitzende des nationalen Journalistenverbandes ist eine Frau. Internet: www.b92.net/tv/utisaknedelje/

Danja Antonovic, Belgrad

Afghanistan

Shukria Barakzai (38), Chefredakteurin „Aina-e-zan“

Shukria Barakzai hat Angst. Die 38-jährige Gründerin und Chefredakteurin des afghanischen Frauenmagazins „Aina-e-zan“ (Spiegel der Frau) erhält jeden Monat Drohbriefe. „Wenn ich morgens aus dem Haus gehe, weiß ich nicht, ob ich abends wieder zurückkomme“, sagt die Kabuler Journalistin, die von der World Press Association 2004 zur „Redakteurin des Jahres“ gewählt wurde. „Meine Freunde raten mir, das Land zu verlassen, schließlich bin ich Mutter.“ Doch Shukria Barakzai, die seit 2005 auch Mitglied des afghanischen Parlaments ist, hofft und bleibt.

Zwar gibt es in der Hauptstadt Kabul zaghafte Versuche, Journalistinnen zu organisieren – etwa das Women Journalists‘ Center – doch die eigentlichen Probleme der Medienfrauen sind viel fundamentaler. In den Städten werden sie von Fundamentalisten bedroht, auf dem Land ist überhaupt nicht daran zu denken, dass Frauen als Journalistinnen arbeiten. Sie dürfen noch nicht einmal allein das Haus verlassen oder mit fremden Männern sprechen. In diesem Jahr wurden bereits zwei afghanische Journalistinnen ermordet.

Britta Petersen, Kabul

China

Hu Shuli (53), Chefredakteurin von „Caijing“

Hu Shuli gilt als die einflussreichste Wirtschaftsjournalistin Chinas. Seit neun Jahren testet das von ihr mitgegründete Magazin „Caijing“ die Grenzen der Pressefreiheit in der kommunistischen Volksrepublik. Das alle zwei Wochen erscheinende Magazin mit einer Auflage von 220.000 gräbt Korruptionsskandale ebenso aus wie Manipulationen an den chinesischen Börsen. Das hat Chefredakteurin Hu vor einigen Jahren den Titel „gefährlichste Frau Chinas“ eingebracht. Aber die ehemalige Reporterin der Parteizeitung „Gongren Rebao“ weiß, daß ihre Freiheiten begrenzt sind. Aus der Politik hält sie sich raus; Tabu-Themen wie Falun Gong oder die Studentenproteste von 1989 rührt „Caijing“ nicht an. „Wir gehen bis an die Grenzen und versuchen die Spielräume zu erweitern“, sagt Hu. „Aber wir überschreiten die Grenzen nicht.“

Netzwerke von Journalistinnen gibt es in China im Übrigen nicht. Unabhängige Journalistenvereinigungen außerhalb der staatlich kontrollierten „All China Journalist Federation“ werden im Einparteienstaat nicht geduldet. Internet: http:// www.caijing.com.cn/English/

Ruth Kirchner, Peking

Philippinen

Marites Danguilan Vitug (50), Chefredakteurin „Newsbreak“

Der Name von Marites Danguilan Vitug steht auf den Philippinen für unabhängigen, investigativen Journalismus. Die Gründerin und Chefredakteurin des kritischen Nachrichtenmagazins „Newsbreak“ wurde durch ihre mutige Berichterstattung über den Kahlschlag der letzten philippinischen Regenwälder und über muslimische Rebellen bekannt. Trotz Todesdrohungen und Verleumdungsklagen ließ sie sich weder von Wirtschafts-Tycoonen noch von korrupten Politikern einschüchtern, was ihr 1991 den „Courage in Journalism Award“ der „International Women’s Media Foundation“ einbrachte. Zuvor erhielt sie bereits ein Stipendium an der Harvard-Universität in den USA und studierte Internationale Beziehungen an der London School of Economics. Die heute 50-Jährige ist außerdem Mitbegründerin des „Philippine Center for Investigative J
ournalism“ und schreibt auch für „Newsweek“. Journalistinnen sind auf den Philippinen nicht eigens organisiert. Internet: www.iwmf.org/features/8563

Christina Schott, Jakarta

Italien

Giuliana Sgrena (58), Kriegsreporterin

Ihr Bild ging weltweit durch die Nachrichten, als Giuliana Sgrena am 4. Februar 2005 in Bagdad entführt wurde. Doch die heute 58-Jährige war schon vorher seit Langem eine von Italiens Vorzeige-Journalistinnen und geschätzt wegen ihrer Berichte aus der arabischen und islamischen Welt, über Frauenrechte und Extremisten, und das nicht nur in Italien: auch „Die Zeit“ druckte ihre Texte. Seit ihrer Entführung ist sie noch mehr als zuvor überzeugte Pazifistin, auch weil ihr Befreier-der italienische Geheimdienstoffizier Nicola Calipari-nach Wochen der Geiselhaft bei der Aktion von einem US-Soldaten erschossen wurde.

Journalistinnen wie sie sind allerdings oft nicht das Vorbild für die junge Generation, von der viele lieber in Casting-Shows den halbnackten TV-Schönheiten nacheifern, die Werbung und ihre Brüste durchs Bild tragen und das italienische Fernsehen international so lächerlich aussehen lassen. Italiener neigen mehr zum Networking im Verborgenen, das ist im Journalismus nicht anders. Frauen sind in Führungspositionen im Mediensektor unterrepräsentiert, darüber kann auch die starke Präsenz von weiblichen Berichterstattern aus dem Irak nicht hinwegtäuschen. Die Macht der Männer zu brechen hat sich innerhalb der-ebenfalls männlich dominierten-Journalistengewerkschaft FNSI eine Gleichstellungskommission verschrieben, die Commissione Pari Opportunità, CPO. Internet: http:// www.fnsi.it/Contenuto/Cpo/Cosa_e.htm

Florian Eder, Mailand, und Philipp Kreisselmeier, Rom/München

Weltreporter

Die Weltreporter sind freie Journalistinnen und Journalisten, die aus dem Ausland für deutschsprachige Medien berichten und sich in dem virtuellen Netzwerk www.weltreporter.net zusammengeschlossen haben. Für diese erste Ausgabe der „Journalistin“ haben sie ihre persönliche Liste der wichtigsten Journalistinnen zusammengestellt. Kontakt: autor@mediummagazin.de

Erschienen in Ausgabe 9/2007 in der Rubrik „International“ auf Seite 34 bis 35. © Alle Rechte vorbehalten. Der Inhalt dieser Seiten ist urheberrechtlich geschützt. Für Fragen zur Nutzung der Inhalte wenden Sie sich bitte direkt an die Redaktion.