Florian Hager: „Wir müssen uns verändern, sonst werden wir verändert“

Florian Hager, hr-Intendant und Vorsitzender der ARD. © HR/Tim Thiel
Setzt auf neuen Stil: Florian Hager ist anders als seine Vorgänger. Einen Chauffeur lehnt er genauso ab wie altes Revierdenken – und pocht stattdessen auf mehr gemeinsame Infrastruktur in der ARD. Als deren Vorsitzender muss er nun aber auch Reformen liefern.
© HR/Tim Thiel

Florian Hager leitet seit 2022 den Hessischen Rundfunk. Nun steht der Medienmanager auch an der Spitze der ARD. Eine Rolle zwischen Sparzwang, Reformblockaden und dringend gebotenem Umdenken.

Text: Senta Krasser und Frederik von Castell


Herr Hager, anders als viele Vorgänger haben Sie zu Beginn des ARD-Vorsitzes nicht öffentlich gesprochen – auch wir mussten warten. Nun aber geben Sie Interviews. Heißt das, Sie haben inzwischen einen Fahrplan?

Florian Hager: Die ARD hatte immer einen Fahrplan. Aber ich wollte das mal anders machen: erst intern mit vielen Menschen reden, auch in die Diskussionen gehen, aufnehmen, wo die Mitarbeitenden stehen.

Gab es denn viel Gesprächsbedarf?

Ja – in den vergangenen Jahren ist medienpolitisch, in den Landesrundfunkanstalten und gesamtgesellschaftlich enorm viel passiert. Darüber muss man reden.

Dann nehmen Sie uns mal mit.

Wir feiern gerade 75 Jahre ARD. Und wir haben verstanden, dass wir etwas verändern müssen, wenn wir in den nächsten 75 Jahren genauso erfolgreich und relevant sein wollen. Und dass wir das selbst aktiv angehen müssen – sonst werden wir verändert. Übrigens in Zeiten, in denen wir linear, also im klassischen Fernsehen und Radio, noch unglaublich erfolgreich sind. Wir sind viel relevanter, als es uns manche nachsagen.

Nennen Sie bitte konkrete Pläne.

Es geht nicht um die nächste Moon­shot-Idee, sondern darum, die Dinge auch auf die Straße zu bekommen. Mein Plan ist gar nicht weltbewegend anders als das, was auch unter dem Vorsitz des SWR erfolgt ist. Manches machen wir längst, anderes hat im Reformstaatsvertrag Niederschlag gefunden.

… der ja vor allem zum Sparen zwingt. ARD und ZDF sollen danach die Zahl ihrer Hörfunk- und TV-Angebote reduzieren, Spartensender müssen wegfallen.

Wir lernen, Dinge vom Ende her zu betrachten. Wenn wir in der linearen Welt denken, kommen wir zu anderen Schlüssen, als wenn wir direkt im Digitalen denken. Deshalb stellen wir die Weichen für eine digitale Zukunft, in der auch KI eine große Rolle spielen wird. Ein wesentliches Element der neuen Infrastruktur ist eine gemeinsame digitale Plattform mit ZDF und Deutschlandradio – die steht auch deutlich im Reformstaatsvertrag.

„Weichen stellen“ wollten schon Ihre Vorgänger. Gehen Sie anders ran?

Weichen werden nicht nur von uns gestellt – auch Politik und Staatsverträge greifen ein. Deshalb bin ich auch nicht völlig utopisch, was in zwei Jahren gelingen kann …

… Sie dämpfen die Erwartungen. Auch gegenüber epd Medien haben Sie kürzlich den Eindruck vermittelt, in zwei Jahren sei ohnehin nicht viel umsetzbar. Man solle Ihre Rolle und die Zeit, die Sie haben, „nicht überbewerten“. Dürfen wir bis Ende 2026 überhaupt mit großen Reformen rechnen?

[…den vollständigen Beitrag lesen Sie in Gänze im „medium magazin“ 02/25…]

Aber noch mal zum linearen Programm. Wohin genau sollen eigentlich die Leute kommen, wenn Bedeutendes passiert? Wenn die Koalition bricht? Sollen sie zu Phoenix schalten? Zu Tagesschau24? Oder ins Erste?

Unser System ist explizit so aufgebaut, dass es ganz viele Schaufenster und Eingänge gibt. Phoenix, Tagesschau24, Das Erste, ARD-Mediathek …

… und bei Großereignissen weiß trotzdem niemand, wohin. Stürmung des US-Kapitols? Nicht im Ersten. Der Brand von Notre-Dame? Bei der ARD nicht live zu sehen. Söldner marschieren gen Moskau, rebellieren gegen Putin? Dino-Dokus auf Tagesschau24 und „Weltspiegel“ auf Phoenix. Die ARD versprach mehrfach: Passiert Unerwartetes, ist Tagesschau24 da, bei planbaren Ereignissen Phoenix. Dann zerbricht die Ampel – und man sucht wieder.

Dem kann ich überhaupt nicht zustimmen. Wenn man jetzt den Ampelbruch nimmt, dann schalten die Leute ins Erste …

… da lief aber der „Brennpunkt“ zu Donald Trumps Wahl am Vortag. Tagesschau24 zeigt dasselbe. Bei Phoenix sehen wir live den Weißabgleich und dann Warten auf Godot vor einer leeren Pressewand, weil das Stativ zwar steht, aber offenbar kein Reporter da ist.

Im „Brennpunkt“ hat Ellen Ehni ja weitergemacht, den Ampelbruch durchmoderiert. Gerade an diesem nachrichtlich außergewöhnlichen 6. November hat sich die ARD von ihrer besten Seite gezeigt.

Woher weiß ich denn als Zuschauer, wann eine Lage so wichtig ist, dass sie bei welchem Sender am Ende landet?

Eine starre Zuordnung ist nicht nötig. Ein Laufband informiert, und wir können Signale durchschalten – wie beim Tod des Papstes, als Tagesschau24 im Ersten lief. Und übrigens gibt’s immer Eilmeldungen und den Hinweis auf Livestreams aufs Handy. Wenn Sie nicht wissen, wohin, gehen Sie in die Mediathek, da kriegen Sie immer das richtige Signal oben angezeigt. Ich finde es lustig, dass wir in den Zeiten von digitalem Nutzungswandel über ein Problem von 0,2 bis 0,4 Prozent Marktanteil reden.

Wozu gibt es mit Tagesschau24 und Phoenix dann überhaupt zwei bedingt sendebereite Nachrichtensender?

[…den vollständigen Beitrag lesen Sie in Gänze im „medium magazin“ 02/25…]

Haben Sie eigentlich persönlich mit Thilo Mischke gesprochen, vor oder nachdem verkündet wurde, dass er doch nicht Moderator von „Titel, Thesen, Temperamente“ wird?

Nein, habe ich nicht. Ist das meine Rolle als ARD-Vorsitzender? Ich glaube nicht. Aber ich habe dafür gesorgt, dass wir das intern aufarbeiten. Denn das ist total schlecht gelaufen. Ich persönlich habe die Meinung, dass Thilo Mischke jemand ist, der auch in der ARD einen Raum haben müsste. Ob „Titel, Thesen, Temperamente“ der richtige Raum ist, sei mal dahingestellt.

Die Kritik an der Auswahl Mischkes und der Kommunikation hat allerdings die gesamte ARD abbekommen.

Und ich habe mich da auch nicht weggeduckt. Ich übernehme die Gesamtverantwortung. Das ist mein Job. Deswegen habe ich versucht, eine Struktur aufzubauen, die das, was nicht gut gelaufen ist, in Zukunft besser macht.

In Sachen Kommunikation oder in Sachen Auswahlprozess?

Beides litt unter dem gleichen Grundproblem: Die Verantwortlichkeit für bestimmte Entscheidungen hat gefehlt. Das soll es so nicht noch einmal geben.

[…den vollständigen Beitrag lesen Sie in Gänze im „medium magazin“ 02/25…]


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