Wer hat’s produziert? Versteckspiel um Fleischhauer-Format
Text: Senta Krasser

Foto: ZDF / Thomas Kost
In „Keine Talkshow – Eingesperrt mit Jan Fleischhauer“ soll der „Focus“-Kolumnist laut ZDF-Chefredakteurin Bettina Schausten im „harten, aber immer fairen Schlagabtausch“ mit seinem jeweiligen Gastzeigen, „dass Debattieren Spaß machen kann, auch wenn die Meinungen weit auseinanderliegen“. Rezensenten waren sich nach der Premiere am 21. November dagegen einig: Das war nix. Kritisiert wurden Struktur und Setting, das permanente Geschrei und der fehlende Erkenntnisgewinn.Wer dieses „Unterschichtenfernsehen auf Trip“ (taz) produziert, war in den Verrissen indes kein Thema. Dabei verwundert: Die ersten beiden „Keine Talkshow“-Folgen hatten einen Mini-Abspann, der einzig aus dem ZDF-Logo bestand.
Das ist ungewöhnlich: sowohl Produktionsfirmen als auch Redaktionen legen normalerweise großen Wert auf Sichtbarkeit. Seltene Ausnahmen deuten meist darauf hin, dass etwas nicht gut läuft – und werfen Fragen auf, etwa: Wollen Firmen und Redaktionen nicht mit einem Format in Verbindung gebracht werden, das möglicherweise schnell wieder eingestellt wird? Im Fall der Fleischhauer-Show begründete in ZDF-Sprecher den Verzicht auf Nennung der Formatverantwortlichen in den ersten bei den Folgen mit dem „Pilotcharakter“. Die redaktionelle Verantwortung für „Keine Talkshow“ liegt bisher jedenfalls in der Chefredaktion des ZDF bei der Chefin vom Dienst, Heike Schnaar.
Verantwortlicher Redakteur ist Andreas Eck. Und wer hat „Keine Talkshow“ produziert? Inzwischen weist der Abspann Objektiv Media als ZDF-Auftragnehmer aus, also die auf Wissensvermittlung spezialisierte Produktionsfirma von Mirko Drotschmann („MrWissen2Go“). Erfahrung mit Gesprächsformaten hat sie bislang nicht – anders als die Gruppe 5 Filmproduktion, die neben der „Terra X“-Reihe auch „Maybrit Illner“ herstellt – und die nach ZDF-Auskunft das Drotschmann-Team bei der Umsetzung des Fleischhauer-Projekts „unterstützt“, also ko-produziert. Genannt wird die 100-prozentige ZDF-Studios-Tochterfirma Gruppe 5 im Abspann aber nicht.
Warum die fehlende Transparenz? Grenzen zwischen internen ZDF-Produktionen, ZDF-Töchtern und angeblich unabhängigen Partnerfirmen sind oft nur schwer zu erkennen und wurden in der Branche schon häufig kritisiert. Auch in diesem Fall geht es verworren zu. Gruppe 5 hält nicht nur 40 Prozent an Ko-Produzent Objektiv Media. Die Kölner besitzen auch 60 Prozent der Produktionsfirma UFE. Die ZDF-Tochter stellt das „ZDF Magazin Royale“ von Jan Böhmermann her. Wirtschaftlich sind Böhmermann und Fleischhauer also auf verschlungenen Pfaden verbunden. Politisch könnten sie wohl kaum weiter auseinanderliegen. Wie es nach den ersten vier Pilotfolgen mit „Keine Talkshow“ weitergeht, stand zu Redaktionsschluss nicht fest.
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