aktuelle Lesetipps

Kahler US-Blätterwald

Stephan Ruß-Mohl, Kreative Zerstörung. Niedergang und Neuerfindung des Zeitungsjournalismus in den USA, UVK Verlagsgesellschaft, Konstanz 2009, 284 S., 29,90 Euro

kreative Zerstörung von Stephan Ruß-Mohl

Von den USA lernen, heißt siegen lernen – so könnte, auf den Niedergang des Zeitungsjournalismus bezogen, die Devise von Stephan Ruß-Mohl lauten. Und zwar – negativ gewendet – hinsichtlich der Fehler, die jenseits des großen Teiches begangen wurden, aber auch im Sinne einer kreativen Reaktion auf eine grundlegend veränderte Situation des Medien-Marktes. Hoffnung spricht aus der Einschätzung des Autors, Professor für Journalismus an der Universität Lugano, dass die Zeitungen im deutschen Sprachraum noch nicht im gleichen Maße an Qualität eingebüßt hätten, wie es in den USA der Fall sei. Die Kommunikationsforscherin Miriam Meckel erklärt den großen Erfolg neuer publizistischer Formen im Netz unmissverständlich: „Die Zeitungslandschaft ist derart miserabel, dass eine Lücke für Neues klafft.“ „New York Times“, „Washington Post“ und „Wall Street Journal“ halten quasi als letzte die Fahne des Qualitätsjournalismus hoch. Ruß-Mohl untersucht die Problematik auch unter Verwendung von Ergebnissen der Journalismusforschung und hat Experten interviewt. Das Kapitel über die Presse der San Francisco Bay Area dokumentiert exemplarisch, wie Zeitungen drastisch an Qualität  verlieren oder gleich zu Revolverblättern verkommen. Der „San Francisco Chronicle“ steht hierbei stellvertretend für das Gros der US-Großstadtzeitungen: Er hat keinen einzigen Auslandskorrespondenten mehr.

Unbeliebte Journalisten

Wolfgang Donsbach, Mathias Rentsch, Anna-Maria Schielicke, Sandra Degen, Entzauberung eines Berufs. Was die Deutschen vom Journalismus erwarten und wie sie enttäuscht werden, UVK Verlagsgesellschaft, Konstanz 2009, 171 S., 24,90 Euro

Entzauberung eines Berufs von Wolfgang Donsbach

Paradox: Während Journalist trotz Medienkrise weiterhin bei jungen Menschen als „Traumberuf“ hoch im Kurs steht, verschlechtert sich die öffentliche Meinung zunehmend. Eine reine Sache des Berufsstandes, der sich ja schmollend in die Ecke stellen kann? Keineswegs, denn betroffen ist auch die Demokratie aufgrund des Auftrags, den die Medien für die öffentliche Meinungs- und Willensbildung besitzen (sollten). Für die Studie „Entzauberung eines Berufs“, herausgegeben vom Institut zur Förderung publizistischen Nachwuchses (München), wurden mehr als 1.000 Bürger befragt zu ihren Erwartungen und Bewertungen journalistisches Verhalten und Medieninhalte betreffend. Die Autoren kommen zu dem Ergebnis, dass neben der seit langem diskutierten Politikverdrossenheit auch eine Medienverdrossenheit bestehe, die öffentlich thematisiert werden müsse. Ursachen seien zum Beispiel ethische Grenzüberschreitungen, eine zunehmende Boulevardisierung und die Anpassung von Medieninhalten an ökonomische Zwänge. Der Journalismus habe es größtenteils selbst in der Hand, der Krise zu begegnen. Durch Professionalisierung, aber auch durch das (erneute) Einziehen einer „Firewall“ zwischen Redaktionen und Geschäftsleitungen.

Was kann TV?

Klaus Radke, Medien für Eliten, Berlin University Press, Berlin 2009, 122 S., 19,90 Euro

Medien für Eliten von Klaus Radke

Wie lange wird das Fernsehen noch Leitmedium bleiben? Mit dieser Frage beschäftigt sich Klaus Radke, Leiter der Stabsstelle Strategie Fernsehen im WDR. Ihre Einschätzungen der Möglichkeiten des Fernsehens geben unter anderem Sonja Mikich, Claus Kleber und Peter Kloeppel ab. Das Buch wirft zum Beispiel die Frage auf, welchen Beitrag das Medium zur Integration der 4,3 Millionen Moslems in Deutschland leisten kann. Grundsätzlich hätten die Printmedien es leichter als das Fernsehen, Faktenwissen zu vermitteln. Daher gelte es, die Stärke der „Sinnlichkeit von Ton und Bild“ auszuspielen. Der Bildschirm biete die Chance, über das Schauen unsere Selbstwahrnehmung zu erweitern. Verpassen gilt heute nicht mehr – der Trend geht zum „On Demand“-Fernsehen. Experten verkünden die frohe Botschaft: Die Crossmedialität werde zu einer Renaissance der klassischen Fernsehinhalte führen.