Millionen-Poker mit „Grazia“

Bedeutet der Donnerstag als Erscheinungstag, dass „Grazia“ mit „Bunte“ und „Gala“ konkurriert ?

Klaus Dahm: Sagen wir so, wir fahren natürlich dann mit dem Heringskutter aufs Meer, wenn die Heringe im Schwarm vorbeiziehen. „Grazia“ ist allerdings kein People-Magazin, sondern ein Fashion & News-Magazin mit People-Kompetenz.  Dennoch werden wir „Gala“ und „InStyle“ vermutlich etwas ärgern. Vielleicht schaffen wir es auch, einige ältere „Glamour“-Leserinnen und jüngere von „Elle“ für uns zu gewinnen.

Sie waren Chefredakteur zahlreicher Titel, darunter „Petra“ und „Celebrity“. Was ist für Sie jetzt das Besondere an dem Projekt „Grazia“ ?

Die Kombination aus der Eleganz eines Modemagazins mit dem Drive eines aktuellen Wochentitels ist für mich eine ganz große Spannungskurve.

Warum investiert der Klambt-Verlag mitten in der Medienkrise 10 Millionen in“Grazia“?

Klaus Dahm, Chefredakteur von "Grazia"

Genau die Medienkrise spricht dafür. Sie hat für eine riesige Marktbereinigung gesorgt. Titel wie „Amica“, „Vanity Fair“ und „Park Avenue“ wurden eingestellt. Was das Anzeigengeschäft betrifft, hat die Apokalypse trotz stark rückläufiger Einnahmen 2009 nicht stattgefunden – und für 2010 wird ein Aufschwung vorausgesagt. „Grazia“ wird zudem die Strahlkraft einer internationalen Marke im Anzeigenmarkt zugute kommen.

Stört es Sie eigentlich, dass gerne süffisant darauf hingewiesen wird, dass der Mondadori-Verlag, Silvio Berlusconi gehört?

Nein, das spielt überhaupt keine Rolle. Berlusconi ist aber natürlich ein sehr barocker Herrscher, der mit seiner etwas eigenwilligen Lebensart die Blicke auf sich zieht.

Interview: Bernd Stößel

Über „Grazia“

Selten ist einem neuen Titel schon im Vorfeld des Erscheinens so viel mediale Aufmerksamkeit zuteil geworden wie „Grazia“. Die Frauenzeitschrift, für die der Klambt-Verlag eigens den Klambt-Style-Verlag gründete, wurde lange Zeit unter dem Namen „Look“ angekündigt. Erst Anfang Januar gab Klambt dann bekannt, dass man „Grazia“ als Lizenznehmer des italienischen Mondadori-Verlages (Eigentümer: der italienische Ministerpräsident Silvio Berlusconi) in Deutschland auf den Markt bringen werde. Und zwar als 15. Ausgabe weltweit – „Grazia“ betört die Leserinnen unter anderem in Thailand, Australien und Russland. Mit einem sekundengenauen Countdown versuchte die Website des Klambt-Verlages eine Spannung zu erzeugen, als stehe ein neues Robbie Williams-Album ins Haus. Eine Druckauflage von 500.000 (garantierte verkaufte Auflage: 150.000) sorgt für hohe Erwartungen. Klambt hat immerhin 10 Mio. Euro in das Projekt investiert – das größte in seiner Verlagsgeschichte. Nach einem speziellen Einführungspreis soll „Grazia“ 2 Euro kosten. Chefredakteur Klaus Dahm stand bereits an der Spitze von unter anderem „cinema“, „Petra“ und „Celebrity“. Er bezeichnet die Zielgruppe von „Grazia“ als die „urbanen Hedonistas“ – Frauen im Alter von Ende 20 bis Ende 40, die Kernleserin sei 35 Jahre. Auf Mode entfällt ein Drittel des Heftes, den Rest bestreiten vor allem die Themen People und Entertainment. Weitere Infos unter www.grazia-magazin.de bs