Aktuelle Buchtipps
Die mediummagazin-Lesetipps von BERND STÖßEL
Von der Front ans Pult
Antonia Rados, Die Fronten sind überall. Aus dem Alltag der Kriegsreportage, Picus Verlag, Wien 2009, 155 S., 14,90 Euro
Antonia Rados wurde für ihre Fernseh-Kriegsreportagen mehrfach ausgezeichnet. „Die Fronten sind überall“ fasst zwei umfangreiche Vorlesungen zusammen, welche die gebürtige Österreicherin Rados im Rahmen der Theodor-Herzl-Vorlesung in Wien hielt. Die promovierte Politikwissenschaftlerin widmet sich dabei der Frage, was Kriegs- und Krisenjournalismus kann, was er aber auch nicht kann. Die zweite Vorlesung beschäftigt sich mit dem erforderlichen Engagement von (Kriegs-) Journalismus. Rados weist auf die Aufmerksamkeits-Ökonomie hin, die dafür sorgt, dass die meisten gewaltsamen Konflikte rund um den Globus gar nicht auf dem medialen Radarschirm auftauchen. Sie schildert, wie sich die Kriegsberichterstattung verändert hat. Und gibt den Studenten einen Rat mit auf den Weg: „Wenn Sie den Wunsch hegen, es keinem recht zu machen, dann werden Sie Kriegsreporter!“
Unter uns
Daniel Marinkovic, Die Mitarbeiterzeitschrift, UVK Verlagsgesellschaft, Konstanz 2009, 199 S., 24,90 Euro
Als Gratisgabe mit der Quasi-Zielsetzung interner PR zählen Mitarbeiterzeitschriften nicht unbedingt zu den gefragtesten Printprodukten. Daniel Marinkovic sieht sie dennoch als unverzichtbaren „Ausdruck wertschätzender Kommunikation“. Der Autor verantwortet selbst mehrere Mitarbeiterpublikationen im Finanzdienstleistungssektor und beschreibt den Entstehungsprozess von der Konzeption bis zu Druck und Vertrieb. Anhand konkreter „Best-Practice-Beispiele“ kann sich der Leser ein Bild machen von ganz unterschiedlichen Gestaltungsmöglichkeiten. Eine allgemein anerkannte Ausbildung zum Mitarbeiterzeitschriften-Redakteur gibt es nicht. Während das journalistische Schreiben in Seminaren und im Selbststudium erlernbar sei, kämen aber noch eine Reihe spezifischer Anforderungen hinzu. Etwa Redaktionsmarketing und der ständige Dialog mit den Lesern. Als vorteilhaft erweise sich die Teilnahme der Mitarbeiterzeitschrift an Wettbewerben – besonders dann, wenn die Jury für jede eingereichte Publikation ein Gutachten erstellt und somit reinen Wein einschenkt. Zum anderen kann der Bekanntheitsgrad des eigenen Blattes deutlich angehoben werden.
Diktatur des Publikums?
Michael Meyen, Claudia Riesmeyer, Diktatur des Publikums. Journalisten in Deutschland, UVK Verlagsgesellschaft, Konstanz 2009, 270 S., 29,90 Euro
Welches Selbstverständnis haben Journalisten in Deutschland? Michael Meyen und Claudia Riesmeyer führten für ihre Untersuchung Tiefeninterviews mit 500 Journalisten. Das Spektrum reicht vom Opernkritiker über den Fußballreporter bis zum Jugendradioredakteur. Acht „Typen“ von Journalisten identifizieren die Verfasser. Während der „Verkäufer“ überwiegend im Boulevardjournalismus anzutreffen ist, begibt sich der „Detektiv“ bevorzugt für „Spiegel“ oder „stern“ auf die Pirsch. Das Buch konfrontiert die Untersuchungsergebnisse mit den soziologischen Betrachtungen von Pierre Bourdieu, der 1996 (übrigens im Fernsehen) dazu aufgerufen hatte, „im Namen der Demokratie“ gegen die Einschaltquote zu kämpfen. Die Überwachung der Medienkonkurrenz führe außerdem zu einer „Uniformisierung des Angebots“. Gegen Bourdieus Kulturpessimismus halten die Autoren fest, dass es auf jedem journalistischen Themengebiet und auf jedem Verbreitungsweg Angebote gebe, die sich der „Diktatur des Publikums“ weitgehend entzögen – freilich bei begrenzter Rezipientenzahl. Grundsätzlich lasse sich an den Bedürfnissen der Mehrheit der Mediennutzer (und in einer Demokratie entscheidet bekanntlich die Mehrheit) aber nicht „vorbeischreiben und vorbeisenden.“