Weltbeste Bilder aus Deutschland

Beim diesjährigen 53. World Press Photo Award, dem wichtigsten Preis für Presse-Fotografie, siegten auch drei Fotografen aus Deutschland: Meiko Herrmann (General News Stories, 3. Preis), Michael Wolf (Daily Life Singles, Platz 1) und Peter Bialobrzeski (Nature Stories, Platz 2).  Insgesamt hatten sich 5.847 Fotografen mit 101.960 Fotos aus 128 Nationen beworben. 63 Fotografen aus 23 Nationen wurden in zehn Kategorien ausgezeichnet.  Zu den Juroren des diesjährigen Wettbewerbs gehörte auch der Bildchef des „STERN“, Volker Lensch, der mit vier weiteren Kollegen die Bilder aus den Bereichen „people“ und „news“ filterte. Sie reduzierten die eingesandten 75.000 Fotos auf eine Auswahl von 6.500. Die Fotoflut war selbst für Lensch,  der mit seiner Redaktion beim „STERN“ täglich rund 15.000 Fotos sichtet, eine Herausforderung: „Wir sahen uns zeitweise zwei Bilder pro Sekunde an.“ Die Qualität der Auswahl könne  bei dem Tempo nur sicher gestellt werden, weil die Juroren von Berufs wegen an den großen Themen der Zeit dran seien und die Bilder in der Regel auch ohne erklärende Unterzeilen einordnen könnten.  Volker Lensch kommentiert für medium magazin die Arbeiten der deutschen Gewinner.

von Thomas Strothjohann

Michael Wolf, Daily Life Singles, Platz 1

Volker Lensch: „Das Foto von Michael Wolf stammt aus einer Serie, die verschiedene Menschen, dicht gedrängt, in U-Bahn Zügen auf dem Weg zur Arbeit zeigt. Viele von ihnen haben geschlossene Augen, als würden sie jede Minute Ruhe ausnutzen um zu schlafen oder von einem besseren Leben zu träumen, bevor sie sich auf den Weg ins Büro machen. Die teilweise beschlagenen Fenster signalisieren die schlechte Luft und die hohe Luftfeuchtigkeit in dem Abteil. Aber was bleibt ihnen übrig. Die Pflicht muss erfüllt werden.“

Michael Wolf zeigte sich im Gespräch mit medium magazin erstaunt, wie die Kommentatoren sein Foto interpretierten. Tatsächlich, so berichtet er, zeugte der  Gesichtsausdruck der abgebildeten Frau keineswegs von Erschöpfung, „Alltagsschmerz“ oder Bedrängtsein in der U-Bahn, sondern: „Mit der Frau ist nichts los, außer dass sie sich tierisch ärgert dass sie um acht Uhr morgens von einem Ausländer mit einer Kamera belästigt wird. Deshalb macht sie die Augen zu. Sie könnte denken: wenn ich ihn nicht sehe, sieht er mich nicht.“ Er habe bewusst mit seinen fotografischen Arbeit in den Alltag der U-Bahn-Passagiere eingegriffen: „Ich wollte, dass der Betrachter sich fragt, ob es legitim ist Menschen zu fotografieren, die nicht  ausweichen können.“

Meiko Herrmann, General News Stories, 3. Platz

Volker Lensch: „Auch Meiko Hermanns Fotos stammen aus einer umfangreichen Serie mit Fotos die den täglichen Irrsinn im Gaza Streifen zeigt. Wiederholte Bombardierung von Gegenden, in denen schon nichts mehr existiert. Durch die Panoramen lässt Meiko Herrmann das verwüstete Gebiet noch viel unwirklicher erscheinen. Wann wird hier jemals wieder etwas gedeihen? Wie und wovon sollen sich die Bewohner hier ernähren? Jedes nur brauchbare Blechstück oder jeder Stein wird zum Herstellen einer Behausung verwendet. Die Trümmer stehen wie warnende Denkmäler in dieser Kraterlandschaft. Das Leben geht weiter. Zumindest heute…“

Meiko Herrmann war einer der ersten westlichen Journalisten, die nach den Angriffen der Israel Defence Forces (IDF) im Februar 2009 in den Gaza-Streifen reiste (s.a. Beitrag in mediummagazin 3-2010) . Ihm bot sich ein Bild der Zerstörung, das er in der mit dem dritten Preis der Kategorie General News Stories ausgezeichneten Serie „landscapes of destruction“ dokumentierte. Als Meiko Herrmann mit seinen Fotos nach Deutschland zurück kehrte, fand er keine Abnehmer. Das Thema war in den meisten Medien nicht mehr aktuell. Umso mehr habe sich der 33jährige Berliner Fotograf über die Auszeichnung gefreut. So würde das Leid der Menschen im Gazastreifen bekannter.

Peter Bialobrzeski, Nature Stories, Platz 2

Volker Lensch: „Peter Bialobrzeski verdeckt in seiner Serie “paradise now” die Strukturen der Städte durch das wild wuchernde Grün. Der Betrachter fühlt sich wie im Urwald. Dieses satte saftige Grün ist verheißungsvoll. Doch was kommt dahinter? Geheimnisvoll in Licht getaucht wagen wir uns voran und suchen … wonach?? Greift die Natur nach uns oder wir nach der Natur? Wer ist stärker?“

Die Städte waren in der Geschichte niemals so hell wie heute, so der ausgezeichnete Fotograf Peter Bialobrzeski, und sie werden auch nie wieder so hell erleuchtet werden wie heutzutage. Bialobrzeski glaubt, dass in Zukunft gezielter vor allem sparsamer beleuchtet werden wird. In diesem Sinne hat er die letzte Möglichkeit genutzt, nachts in den Städten unserer Welt zu fotografieren, ohne Blitz oder Scheinwerfer zu benutzen. Die Bilder seiner Serie „Urban Jungle“ überraschen mit einer üppigen Flora vor den Skylines asiatischer Mega-Städte. Sie wurden alle ausschließlich mit Umgebungslicht und in gehbarer Nähe der Stadtzentren aufgenommen. Das Projekt entstand in Kooperation mit dem Goethe-Institut.