Acht Regeln für Amok-Berichte

„Wir möchten, dass die Menschen in Winnenden in Ruhe trauern können. “ Mit diesen Worten wenden sich die Psychologen, die in Winnenden Schüler, Lehrer und Eltern betreuen, an die Medien, die über den Jahrestag des Amoklaufes am 11. März 2010 berichten wollen. „Der Respekt vor der Würde des Menschen erfordert, die Betroffenen nicht erneut durch Bedrängnis von außen mit der belastenden Situation zu konfrontieren“, erklärte Thomas Weber, Koordinator der Psychologischen Nachsorge, am Dienstag, 23. Februar, in einer Stellungnahme zum bevorstehenden Jahrestag. Die Psychologen haben im Hinblick darauf acht konkrete Regeln für das Verhalten der Medien formuliert:

1. Halten Sie bitte Abstand zu Menschen, die trauern.

2. Zeigen Sie bitte Respekt und bedrängen Sie die trauernden Menschen nicht.

3. Akzeptieren Sie bitte ein „Nein“; akzeptieren Sie Ruhe- und Rückzugsbedürfnisse.

4. Achten Sie bitte die Privatsphäre der Betroffenen und der Anwohner. Belagern Sie keine Häuser und Schulen.

5. Bitte rufen Sie nicht ohne Erlaubnis Betroffene einfach zu Hause an.

6. Fotografieren und filmen Sie bitte nicht die Gesichter von Menschen, die weinen.

7. Befragen Sie bitte keine Minderjährigen.

8. Fragen Sie bitte nicht nach dem persönlichen Erleben vor einem Jahr, weil dadurch die traumatischen Erfahrungen wiederbelebt werden. Außerdem kann dadurch der therapeutische Prozess bei den Betroffenen wieder zurückgeworfen werden.

„Bitte sorgen Sie dafür, dass sich in diesem Jahr die Bilder von 2009 nicht wiederholen“, appelliert Weber an die Medien.

Die Psychologische Nachsorge wurde nach dem Amoklauf von der Unfallkasse Baden-Württemberg eingerichtet. Bei dem Amoklauf eines 17-jährigen wurden am 11. März 2009 15 Menschen getötet.

Hinweis in eigener Sache: Mehr zu der Diskussion über die Berichterstattung bei Amoktaten und Suiziden finden Sie medium magazin Nr 3/2010, das am 10. März erscheint.

Annette Milz