Blumenkübel im Lokalen: „Wir nehmen das schon ernst“

Seit  im August ein Blumenkübel rund um die Online-Welt ging, widmen sich Twitterer nach wie vor den Blumenkübeln der Republik – die zu einem Synonym für „Lokaljournalismus“ geworden sind. Anlass für das Scherbengericht war ein Redaktions-Tweet der „Münsterschen Zeitung“ zu einer eigenen Meldung über einen kaputter Blumenkübel (hier im Originalbild von Katharina Hövels).  Gerald Meier-Tasche, der verantwortliche Redakteur der “Münsterschen Zeitung”, über die Arbeit mit dem Hype, das Potential digitaler Kanäle und den Ruf kleiner Zeitungen.

Interview: Anne Haeming

Herr Meier-Tasche, Anfang August wurde in Neuenkirchen ein Blumenkübel vor einem Altenheim umgestoßen. Sie berichteten. Ist das bei Ihnen normaler Lokaljournalistenalltag?

Gerald Meier-Tasche, Verantwortlicher Redakteur der "Münsterschen Zeitung". Foto: Stefan Klausing

Wir berichten nicht nur über Blumenkübel. Aber es ist ein Beispiel für Lokaljournalismus, klar, gerade in der nachrichtenarmen Zeit. Wir bekamen einen Anruf, ich schickte eine Praktikantin hin, sie durfte einen kleinen Bericht schreiben. Normalerweise wäre das nicht mehr als eine Meldung gewesen.

Aber dann twitterte ein Redakteur der „Münsterschen Zeitung“ den Satz: „In Neuenkirchen ist ein Blumenkübel umgefallen“ – Teil der digitalen Strategie?
Wir haben die digitalen Kanäle alle im Blick, hin und wieder twittern wir dann auch etwas. Und die Geschichte mit den Blumenkübeln zeigt ja, wie auch Lokalzeitungen Twitter als Multiplikator nutzen können.

Es gab sogar gefakete Bekenner-Videos, eine dramatische Lesung des Texts, und dann dauernd der Vergleich mit dem sprichwörtlichen Sack Reis in China: War der Blumenkübel-Hype Fluch oder Segen für den Ruf des Lokaljournalismus?
Wir haben amüsiert beobachtet, was da passiert. Aber die Leser wollen wissen, was vor ihrer Haustür passiert. In einer globalisierten Welt wird es meiner Meinung nach immer wichtiger, lokale Orientierung zu bieten – und das kann eben nur Lokaljournalismus. Wir wissen ja selbst, dass die Nachricht nicht weltbewegend war. Nur: Die Altenheimbewohner waren betroffen, und das nehmen wir dann schon ernst.

Was wurde denn aus dem Thema?
Wir haben die Geschichte natürlich weitergedreht. Ein Kollege aus der Onlineredaktion hat über den Medienhype berichtet und gleich noch mal erklärt, was Twitter eigentlich ist. Das Altenheim bekam Blumenkübel-Spenden aus der ganzen Republik, das haben wir auch aufgegriffen. Und wir haben mit dem Altenheim-Leiter gesprochen, der ganz stolz war, dass sein Heim sogar in den Fernsehnachrichten gelandet ist.

Und wie geht es Katharina Hövels, der Praktikantin, die den ersten Text schrieb?
Die hatte Spaß daran. Sie hat vier Wochen für uns geschrieben, quer durch alle Themen und immer sehr gründlich. Im Herbst fängt sie an zu studieren. Und dank der Blumenkübel-Geschichte hat sie sogar ein Praktikum bei „Spiegel Online“ angeboten bekommen.