„Der CP-Markt ist für alle Verlage höchst interessant“

Wie funktioniert Corporate Publishing für Special-Interest-Themen wie z.B. Wissenschaft? Ein Beispiel: „Tempus Corporate“: Seit Februar hat auch der „Zeit“-Verlag eine Tochtergesellschaft für Corporate Publishing. Die Tempus Corporate GmbH erstellt Printprodukte und crossmediale Lösungen und konzentriert sich dabei momentan auf Hochschulen und wissenschaftliche Einrichtungen. Im letzten Jahr gestaltete der ZEIT Verlag bereits den Geschäftsbericht der Bucerius Law School sowie das Magazin „Hamburg – Tor zur Wissenschaft“. Im April erschien die Publikation „Berlin – Hauptstadt der Wissenschaft“. (Update 21.9.2010:  „ZEIT-Tochter Tempus Corporate schreibt im ersten Jahr schwarze Zahlen“ meldet der Verlag siehe http://bit.ly/c1LTjO)

Simone Schellhammer, freie Autorin in Hamburg, sprach für „medium magazin“ mit Ulrike Teschke, Geschäftsführerin von Tempus Corporate :

Wie kam es zur Gründung dieser Tochtergesellschaft?

Ulrike Teschke ist Geschäftsführerin der "Zeit"-Tochter "Tempus Corporate". Foto: © Sina_Preikschat

Ulrike Teschke: Der ZEIT Verlag ist im Bereich Lehre und Forschung seit vielen Jahren sehr aktiv. Es gibt ja unseren großen, akademischen Stellenmarkt in der „Zeit“ und hier wiederum spezielle Mitarbeiter, die sich nur um die Hochschulen kümmern. Außerdem betreiben wir gemeinsam mit dem deutschen Hochschulverband das Karriereportal für Wissenschaft und Forschung academics. Darüber hinaus sind wir in diesem Feld mit vielen anderen Aktivitäten, z. B. unseren vielen Veranstaltungen an Hochschulen präsent. So kam es, dass immer wieder Hochschulen und Forschungsinstitute mit dem Wunsch an uns herangetreten sind, nicht nur ihre Anzeigen zu veröffentlichen, sondern etwa auch Imagebroschüren oder Veranstaltungen für sie auszurichen. So entstand die Idee…

Was sind die Besonderheiten dieser Kunden?
Es ist eine sehr spezielle Nische, die sich sehr gut entwickelt. Seit einiger Zeit müssen die Hochschulen eigene Geschäftsberichte vorlegen, und sie beginnen durch die Exzellenzinitiative der Bundesregierung stärker als bisher Öffentlichkeitsarbeit und Marketing zu betreiben und dafür auch Geld auszugeben. Eine aktuelle Studie zeigt, dass viele Kommunikationsetats der Hochschulen sehr groß sind. Das Wichtigste ist jedoch: Man muss als Dienstleister in diesem Bereich Hochschulen verstehen. Wenn eine Werbeagentur versucht, in diesem Markt Fuß zu fassen, dann fragt die Hochschule als erstes: „Was könnt ihr uns speziell bieten?“ Da muss man dann wissen, was Hochschulen wirklich brauchen, was sie mögen, wo sie am besten werben können. Personal und Recruiting ist zum Beispiel ein wichtiges Thema. Durch unser Engagement in diesem Bereich, z. B. mit dem Magazin „Zeit Campus“, oder mit dem immer im Frühjahr erscheinenden Studienführer mit dem größten Hochschul-Ranking Deutschlands oder wie schon erwähnt durch Academics.de, kennen wir uns in diesem Bereich einfach sehr gut aus.

Wer arbeitet für Sie?
Das feste Team besteht aus wenigen Personen. Ansonsten arbeiten wir viel mit Freien zusammen. Dabei suchen wir ausschließlich Qualitätsjournalisten. Denn die hohe journalistische Qualität unserer Produkte ist unser Aushängeschild. Es gibt jedoch eine ganz klare Trennung zwischen der „Zeit“-Redaktion und Tempus Corporate. Es gibt keinerlei Überschneidungen, das ist uns extrem wichtig und übrigens auch unseren Verlegern.

Als Berater arbeitet bei Ihnen aber Moritz Müller-Wirth, der geschäftsführende Redakteur der „Zeit“.
Seine Aufgaben als Geschäftsführender Redakteur und auch alle sonstigen Aufgaben in der Chefredaktion ruhen solange er bei Tempus Corporate im operativen Geschäft tätig ist.

Wie wichtig ist Ihnen ein journalistischer Zugang?
Sehr wichtig. Eine Publikation will gerne gelesen werden und auch wenn es keine Überschneidungen mit der „Zeit“ gibt, bürgen wir für journalistische Qualität. Wir bedienen ja eine Zielgruppe, die einen hohen Anspruch hat. Das ist anders als bei einem Kundenmagazin für jedermann.

Können Sie dabei inhaltlich unabhängig sein?
Der Kunde bestimmt wie bei jedem CP-Produkt den Inhalt und gibt auch die inhaltlichen Vorgaben. Wir agieren als Dienstleister, dessen Beratungskompetenz jedoch sehr wichtig ist. Und wir arbeiten mit den freien Mitarbeitern zusammen , von denen wir glauben, dass sie diese Inhalte am besten umsetzen können.

Könnten Sie sich auch Kunden aus anderen Bereichen wie etwa Banken oder Automobilhersteller vorstellen?
Sicher! Wichtig ist, dass sie zu unserer Marke passen. Wir machen zum Beispiel auch regelmäßig Veranstaltungen wie die „Zeit-Konferenz“ zu Themen wie Finanzplatz oder im September neu zu Logistik und Mobilität.

Wie beurteilen sie den Corporate Publishing Markt derzeit?
Ich glaube, dass der CP Markt für alle Verlage höchst interessant ist und jeder sich bemüht, sich zu positionieren.Viele Verlage sind hier ja schon länger aktiv, es drängen aber auch immer mehr Werbeagenturen in diesen sehr attraktiven Markt. Wir sind in einem Feld unterwegs, in dem es bisher noch nicht sehr viele Mitbewerber gab und von daher entwickelt sich diese Nische für uns sehr gut.

Wie wichtig ist Ihnen der Bereich Social Media?
Ich glaube mit diesem Bereich müssen sich alle Verlage beschäftigen, nicht nur im CP-Bereich. Auch wir beschäftigen uns natürlich damit, aber es wäre zu früh, darüber schon etwas zu sagen. Wir sind noch im Aufbau begriffen. Ich kenne ansonsten nicht so viele Beispiele, wo sich Social Media tatsächlich monetarisiert hätte. Meist ist es eher nice to have.

TIPP: siehe auch das Special „Corporate Publishing“ mit einem Überblick über die derzeitige Marktlage und die Trends sowie mit preisgekrönten Beispielen von Kundenzeitschriften und Multimedia-Konzepten im aktuellen „medium magazin“ 9-2010. Im Onlinearchiv erst mit Erscheinen der nächsten mediummagazin-Ausgabe Nr.10 ab Ende Oktober frei verfügbar.)