Freigelassen auf Bewährung
Sieben Jahre Gefängnis sollten der Journalistin Khadija Ismayilova drohen. Ende Mai wurde sie nach internationalem Druck „auf Bewährung“ entlassen.
Am 25. Mai 2016 wurde Khadija Ismavilova vom obersten Gerichtshof in Aserbeidschan freigelassen.
Die Vorgeschichte:
Mit der dem Spektakel angemessenen Unaufmerksamkeit in der europäischen Öffentlichkeit fanden im Juni 2015 sogenannte „Europäische Spiele“ in Aserbaidschan statt. Die großen deutschen Medien haben erfreulich wenig über diese Festspiele der Regierungsfamilie Aliyev berichtet, dafür aber bemerkenswert viel über dieses demokratische zentralasiatische Notstandsgebiet aufgeklärt.
Zu den vom Alijev-Regime besonders gehassten Oppositionellen gehört die investigative Journalistin Khadija Ismayilova. Über sie und ihren mutigen Kampf die Pressefreiheit schrieb Friederike Zoe Grasshoff in der ‚Süddeutschen Zeitung’ u.a. „Es gibt viele Möglichkeiten, Journalisten zum Schweigen zu bringen. Etwa durch Zensur, Strafverfahren, Gewalt. Oder aber man bricht in die Wohnungen der Journalisten ein, installiert Kameras und wartet auf den einen, kompromittierenden Moment.
Wie lange die Kameras ihr tägliches Leben schon dokumentieren, weiß Khadija Ismayilova nicht, als sie am 8. März 2012 einen anonymen Brief erhält. Die Journalistin weiß nur, dass jemand in ihre Wohnung in Baku eingedrungen ist. Und dass nun der Moment gekommen ist, in dem sie endgültig mundtot gemacht werden soll. Der Brief enthält neben intimen Fotos der Mittdreißigerin die Drohung, sie „extrem bloßzustellen“, sollte sie ihre journalistische Arbeit nicht einstellen. Sechs Tage später kursiert ein kompromittierendes Video im Netz. Nach Angaben der Menschenrechtsorganisation Reporter ohne Grenzen (ROG) soll es Ismayilova beim Geschlechtsverkehr zeigen. Das Sex-Video sei am 14. März 2012 auf einer Internetseite namens musavat.tv erschienen, einer Fälschung der Oppositionswebsite Musavat.com. Mittlerweile ist die gefälschte Seite nicht mehr abrufbar.
Verletzungen der Pressefreiheit sind in dem muslimisch geprägten Land zwischen Kaspischem Meer und Kaukasus keine Seltenheit. Journalisten wurden während der Demonstrationen gegen die aserbaidschanische Regierung im Frühjahr 2011 gewaltsam eingeschüchtert. Auch Überfälle und Entführungen kommen immer wieder vor, werden jedoch selten strafrechtlich verfolgt. Eine offizielle Zensur gibt es in Aserbaidschan zwar nicht, politisch motivierte Strafverfahren und die verstärkte Überwachung des Internets führen jedoch dazu, dass sich immer mehr Journalisten selbst zensieren – und gar nicht erst kritisch berichten. Hinzu kommt, dass Journalisten in einem Land, in dem die gesamte Medienlandschaft vom Staat dominiert ist, kaum unabhängig berichten können. Von insgesamt 23 Fernsehsendern stehen nur zwei nicht unter dem direkten Einfluss der Regierung, 80 Prozent aller Zeitungen sind in staatlicher Hand.“
Dagegen hat Khadija Ismayilova schon seit vielen Jahren mit ihren Recherchen über das korrupte Umfeld der Herrscherfamilie Aliyev angeschrieben. Seit Dezember 2014 sitzt die mutige Journalistin nun schon in einem Gefängnis in Baku. ‚Reporter ohne Grenzen’ und andere Menschenrechts-NGO’s fordern seit Monaten ihre Freilassung.
Verbunden mit dieser Kampagne rufen Freunde von ihr auch dazu auf, ihre in ärmlichen Verhältnissen lebende Mutter finanziell zu unterstützen. Deren starke Verbundenheit mit ihrer Arbeit hat Khadija Ismayilova immer als ihre größte moralische Unterstützung bei ihrer journalistischen Arbeit angesehen.
UPDATE 1 v. 2015:
Ende August 2015 wurde Khadija Ismavilova von einem Gericht in Baku zu siebeneinhalb Jahren Gefängnishaft wegen „Untreue, illegale Geschäfte und Steuerhinterziehung“ verurteilt. „Khadija Ismajilowas einziges Vergehen war“, so formulierte es Christian Mihr ( Reporter ohne Grenzen, Berlin), „dass sie mutig und beharrlich über Korruption und Vetternwirtschaft in höchsten Regierungskreisen recherchiert hat. Das Urteil zielt eindeutig darauf ab, ein Exempel zu statuieren und alle Journalisten in Aserbeidschan einzuschüchtern. „
Wer helfen möchte wende sich bitte an den gemeinnützigen Verein „Journalisten helfen Journalisten“ in München.