Hilfe für einen Helfer

Victor Bwire hilft vielen gefährdeten Journalisten und ihren Angehörigen. Jetzt braucht er ausnahmsweise selbst Hilfe.

von Carl Wilhelm Macke, JHJ

Victor Bwire aus Nairobi ist kein verfolgter oder inhaftierter Journalist.  Er sitzt nicht im Gefängnis, befindet sich nicht auf der Flucht, ist kein Adressat von permanenten Todesdrohungen. Man hat nicht sein technisches Equipment geklaut oder sein Haus angezündet.

Aber er benötigt Hilfe. Auch von Journalisten. Weil er unendlich vielen anderen Journalisten geholfen hat und immer noch hilft.

Seit Jahren gehört der Osten Afrikas zu den der für Journalisten gefährlichsten Region der Welt. Ganz besonders aus Eritrea, Äthiopien, Somalia und dem Sudan erreichen uns fast täglich Nachrichten von geflüchteten, erschossenen, gefangenen, mit dem Tode bedrohten Journalisten. Viele der bedrohten und vor Warlords oder kriminellen Banden fliehenden Journalisten versuchen irgendwie, vor allem nach Kenia zu gelangen. Um die notwendigen Hilfen für diese Journalisten zu koordinieren, hat sich innerhalb von ‚Journalists in distress’ eine eigene „Sub-Group East-Africa“ gebildet. Alle Informationen über bedrohte Journalisten, von denen Mitglieder der „East-Africa-Group’  erfahren, werden in diesem Netzwerk ausgetauscht. Jeder einzelne Fall wird, soweit dies möglich ist, geprüft und dann weltweit an andere NGOs und Medien weitergeleitet.

In diesem Hilfsnetz für besonders bedrohte Journalistinnen und Journalisten nimmt Victor Bwire eine ganz zentrale Rolle ein. Bei ihm in Nairobi liefen alle diesbezügliche Informationen ein. Er nimmt Kontakt auf zu Journalistenorganisationen in der Region. Er leitet etwa Hilfsgelder an die Angehörigen von erschossenen Journalisten weiter und quittiert und dokumentiert so umgehend wie möglich die Übergabe des Geldes mit Photos.

Auf Victor und seine Ortskenntnis kann man sich immer verlassen, wenn man hier in Deutschland, tausende Kilometer von Konya oder Somalia entfernt, Spendengelder eintreibt. Als jüngst acht Journalistinnen und Journalisten in Mogadischu geholfen werden musste, die ein Suizid-Attentat schwerverletzt überlebt hatten, versorgte Victor die anderen Mitglieder von „Journalists in Distress“ per Email fast rund um die Uhr mit neuen Nachrichten über dieses Attentat.

Und in dieser Flut an Mails mit seinem Absender war dann auf einmal eine private Nachricht von ihm versteckt. Er habe seinem Sohn Marvin eine Niere gespendet und die damit verbundenen hohen Kosten würden ihn und seine Familie sehr belasten. Bestätigt wurden diese Informationen von Mitarbeitern anderer NGOs in der Region Ostafrika, die Victor Bwire auch persönlich kennen. Er selber setzte nach dieser einzigen, einem persönlichen Problem gewidmeten Mail seine Aktionen für andere in Not befindliche Kolleginnen und Kollegen weiter fort.

Inzwischen hat Victor Bwire seine Arbeit als Ostafrika-Koordinator bei der englischen NGO „Article 19“ aufgegeben und setzt seine unermüdliche Hilfe für bedrohte Journalisten beim ‚Media Council of Kenya“ fort. Die hohen, im Zusammenhang mit der Nierentransplantation für seinen Sohn Marvin entstandenen Kosten belasten ihn aber weiterhin. Mit jeder Spende, die man Victor und seiner Familie überweist, hilft man also auch vielen anderen Journalisten und Journalistinnen in einer der ärmsten Regionen der Welt. Übrigens ist Sohn Marvin ein großer Fan von Bayern München. Noch von seinem Bett im Hospital aus bat er über seinen Vater Victor, ob die Freunde in München ihm nicht ein Bayern-Trikot besorgen könnten …

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