In Gedenken an Egon Scotland

Am 26. Juli dieses Jahres vor genau zwanzig Jahren wurde nahe der kroatischen Stadt Glina, nur rund 50 Kilometer von Zagreb entfernt, der SZ-Reporter Egon Scotland erschossen. Man könnte aus diesem Anlaß noch einmal dieses Ereignis in allen schrecklichen Einzelheiten nacherzählen. Genügend Dokumentationsmaterial gibt es dazu inzwischen auch. Man könnte auch noch einmal daran erinnern, dass zwei der mutmaßlich wichtigsten Verantwortlichen für Kriegsverbrechen in Kroatien und auch dieser Tat immer noch nicht vor einem Gericht stehen [Anmerkung der Red. am 20.07.2011 melden serbische Medien, dass Goran Hadzic festgenommen wurde].

von Carl Wilhelm Macke

Nach Goran Hadzic‘, dem damaligen „Präsidenten der sogenannten „Republik der Serbischen Krajina“, wird immer noch gefahndet. Dragan Vasiljkovic‘, der zu dem Zeitpunkt der Ermordung von Egon Scotland Chef einer serbischen paramilitärischen Einheit im Raum um Glina war, sitzt immerhin in einem australischen Untersuchungsgefängnis und wird – hoffentlich – bald an Kroatien ausgeliefert. Man könnte auch über die Aktivitäten des Vereins „Journalisten helfen Journalisten“ (JhJ) berichten, der sich 1993 im Gedenken an Egon Scotland gegründet hat und inzwischen einer kaum noch überschaubaren Zahl von Journalistinnen und Journalisten in vielen Kriegs- und Krisenregionen der Welt mit überwiegend materiellen Spenden geholfen hat. Über die jeweiligen Aktionen wird regelmäßig seit Jahren in ,medium magazin‘ ( off- und online ) berichtet. Man könnte aus der Liste der Hilfsaktionen sehr leicht eine weltweite Chronik des mutigen Journalismus in den letzten zwei Dekaden zusammenstellen. Aber das alles wäre nur ein Blick nach hinten in eine traurige Geschichte und eine  (etwas selbstgefällige) Präsentation der Arbeit eines gemeinnützigen Vereins.

Verantwortlich für den Tod Egon Scotlands waren mit hoher Wahrscheinlichkeit serbische Paramilitärs. Die Hintergründe dieser Geschehnisse detailliert aufzuklären, wird – hoffentlich bald – Aufgabe der Gerichte sein, vor denen sich Goran Hadzic und Dragan Vasiljkovic verantworten müssen. Von Anfang an war es aber ein ganz besonderes Ziel von JhJ, sich gegen jede Kollektivschuld an dem Tod Egon Scotlands und anderer grausamer Verbrechen im Verlauf der Kriege auf dem Territorium des ehemaligen Jugoslawien zu wenden. Es gab und gibt auch unter den serbischen Journalisten und Schriftstellern eine ermutigend große Zahl von Kolleginnen und Kollegen, die sich manchmal nicht ohne Risiko in ihrem Beruf gegen den anhaltenden aggresiven Nationalismus und Militarismus in ihrem Land einsetzen. Sie zu unterstützen ist die beste Erinnerung an Egon Scotland. Ein aktuelles Beispiel von vielen ist die serbische TV-Journalistin Brankica Stankovic. Mit ihrer investigativen Arbeit im Milieu der Fussball-Fan-Clubs hat sie sich bei hartgesottenen Nationalisten ganz besonders unbeliebt gemacht. Von kriminellen Schlägertrupps wurde sie deshalb auch schon mehrfach mit dem Tod bedroht. JhJ hat jetzt Brankica Stankovic‘ für den „Leipziger Preis für Medien- und Pressefreiheit 2011“ vorgeschlagen. Sie repräsentiert für uns einen vorbildlichen Journalismus und auch ein anderes „junges Serbien“, das endlich aufräumen will mit den fürchterlichen nationalistischen Mythen am Ende des vergangenen Jahrhunderts, denen Egon Scotland und viele weitere Menschen zum Opfer fielen.

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