Lesetipps 10/09

Die aktuellen Lesetipps von „Mediummagazin“-Autor Bernd Stößel:

Nur vom Feinsten

QualitätsjournalismusKlaus Arnold, Qualitätsjournalismus. Die Zeitung und ihr Publikum, UVK Verlagsgesellschaft, Konstanz 2009, 599 S., 59 Euro
Wenn immer weniger Menschen Zeitung lesen, lässt sich der Trend vielleicht mit einem leichter verdaubaren inhaltlichen Angebot umkehren? Oder schlägt genau dann die Stunde des Qualitätsjournalismus? Klaus Arnold entwickelt in seinem Wälzer, mit dem er sich an der Katholischen Universität Eichstätt-Ingolstadt habilitiert hat, Qualitätskriterien. Das Wahre, Schöne, Gute ist das eine, der Verfasser wollte aber auch wissen, welche Erwartungen die Leser an die Zeitung richten. Sie messen dem Lokalteil auch oder gerade in der globalisierten Welt große Bedeutung zu. Zwar haben viele Blätter ihren Lokalteil ausgebaut, doch vermissen die Leser einen Zuwachs an inhaltlicher Vielfalt. Ihnen entgeht  keineswegs, wenn zu unkritisch berichtet und schlecht recherchiert wird. Die Nennung der persönlichen eMail-Adresse des Redakteurs am Ende eines Artikels wäre hier ein Mittel, auf mehr Sorgfalt hinzuwirken. Als Hauptproblem nennt Klaus Arnold aber die „Zeitungsmüdigkeit“ der Jugendlichen und jungen Erwachsenen. Ein spezielles Angebot für Jugendliche sei ein Muss, doch sollten jugendaffine Artikel über das gesamte Blatt gestreut werden. Zudem plädiert der Verfasser für ein Schulfach „Medien und Kommunikation“.

Mal probieren

Innovation für den JournalismusSusanne Fengler / Sonja Kretzschmar (Hrsg.), Innovationen für den Journalismus, VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden 2009, 165 S., 19,90 Euro
Einen konstruktiven Dialog zwischen Praxis und Wissenschaft möchte der Sammelband „Innovationen für den Journalismus“ anstoßen. Und zwar über Ressortgrenzen hinweg. Allein drei der zwölf Kapitel befassen sich mit „Innovationen im Redaktionsmanagement“: Christoph Keese gewährt Einblick in den Newsroom der Zeitungsgruppe „Welt“ / „Berliner Morgenpost“. Und Kai Gniffke, Chefredakteur von ARD-Aktuell, schildert, wie das Schaffen neuer redaktioneller Strukturen beim Fernsehen dem Bohren eines dicken Brettes gleichkommt. Wird „Innovation“ in dem Buch überwiegend unter technischen Aspekten diskutiert, so bringt „brand eins“-Chefredakteurin Gabriele Fischer in einem Interview die psychologische Dimension ins Spiel: Guter Journalismus experimentiere, und Kreativität gedeihe nur in einem Klima der Angstfreiheit. Ebenfalls aus der Reihe tanzt der Beitrag von Christoph Moss über ethische Herausforderungen in der Ausbildung von Wirtschaftsjournalisten, Stichwort Insiderinformationen.

Das Auge isst mit

RadiojournalismusPeter Overbeck (Hrsg.), Radiojournalismus, UVK Verlagsgesellschaft, Konstanz 2009, 381 S., 34,90 Euro
Als eine „Brücke zwischen Kultur- und Popradio“ versteht sich das Handbuch „Radiojournalismus“. Vorbei die Zeiten, als der Radio-Redakteur nur seinen Beitrag produzierte und in den Äther schickte. Heute erstellt er zusätzlich Internet-Texte und Podcasts. Unter der Losung „Visual Radio“ werden Sendungen trimedial aufbereitet: Audio ergänzt um Video und Text. Aus journalistischer Sicht am interessantesten sind neben den radiospezifischen Darstellungsformen (Reportage, Interview, Kommentar etc.) die Kapitel zu Radiosprache und Programmdramaturgie. Die Kunst des Radiojournalisten bestehe darin, Bilder im Kopf des Hörers zu erzeugen. Dies setze die genaue Kenntnis des Publikums voraus – im Fernsehen träfen „Musikantenstadl“ und „Harald Schmidt“ auch auf unterschiedliche Erwartungshaltungen. Scherze, die im einen Fall ins Schwarze treffen, würden bei einem vollkommen anders gearteten Auditorium sicher keine Wirkung entfalten. Grundsätzlich tue sich das Radio ohnehin schwerer, die Sprache der Hörer zu sprechen, da der Konsum des Programms passiver ablaufe als im Fall des Fernsehens.