Lesetipps für Medienmacher

Aktuelle Buchempfehlungen von “medium magazin”-Autor Bernd Stößel:

Blühende Medienlandschaften?

Marcell Machill, Markus Beiler, Johannes R. Gerstner (Hrsg.), Medienfreiheit nach der Wende, UVK Verlagsgesellschaft, Konstanz 2010, 429 S., 39 Euro

20 Jahre nach der Wiedervereinigung ist es an der Zeit, auch eine Bilanz der Entwicklung der Medienlandschaft und des Journalismus in Ostdeutschland zu ziehen. Da blühende Medienlandschaften ein Traum blieben, fordern die drei Herausgeber eine neue, medienpolitische Wende. Bei der grundlegenden Neuordnung seien Chancen verpasst worden, auch aufgrund parteipolitisch motivierter Entscheidungen. Der Beitrag über Zeitungen und Zeitschriften in Ostdeutschland wirft einen Blick in die Zukunft: Durch eine noch zunehmende Konzentration des Zeitungmarktes drohe ein weiterer Verlust an publizistischer Vielfalt. Anders als die Tageszeitungen, die aus den ehemaligen SED-Bezirkszeitungen hervorgingen, fanden frühere DDR-Zeitschriften bei den Lesern nach der Wende keine Gnade – die meisten mussten die Segel streichen. Ein eigener ostdeutscher Zeitschriftenmarkt entstand nur rudimentär: Heute überwiegen lokal verbreitete, oft kostenlose Stadt- und Veranstaltungsmagazine. Im letzten Kapitel des Buchs befasst sich ein Beitrag mit Arbeitsalltag und Selbstverständnis von Journalisten in Ostdeutschland. Er kommt auf der Grundlage von Interviews zu dem Ergebnis, dass ost- und westdeutsche Journalisten sich in ihren Auffassungen sehr stark angenähert haben. Was die Arbeitsanforderungen betreffe, so hätten sich die ostdeutschen Journalisten als überaus belastbar erwiesen. Die Grenze des Ertragbaren sei allerdings irgendwann erreicht.

Die Qual der Wahl

Christina Holtz-Bacha (Hrsg.), Die Massenmedien im Wahlkampf. Das Wahljahr 2009, VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden 2010, 375 S., 39,95 Euro

Aufgrund der Häufung von Abstimmungen wurde 2009 zum „Superwahljahr“ erklärt. Der Sammelband „Die Massenmedien im Wahlkampf“ geht den Kommunikationsbeziehungen zwischen Politik, Wählerschaft und Medien in den zahlreichen Wahlkämpfen nach. Verglichen mit dem Präsidentschaftswahlkampf in den USA fehlte eine inhaltliche Polarisierung. Viel war die Rede von Obamas Online-Strategie. Ein Beitrag geht der Frage nach, was diesbezüglich in Deutschland geboten wurde. Der Autor betont, dass eine Kopie schon insofern problematisch gewesen wäre, als in den USA das Internet vor allem für die Einwerbung von Unterstützergeldern genutzt wurde. Deutsche Parteien dagegen finanzieren ihre Wahlkämpfe im Wesentlichen über die Mitgliedsbeiträge und Steuermittel. Neben neumodischem Online-Schnickschnack werden aber auch die tradierten Formen der Wähleransprache thematisiert: Plakate und Fernsehwahlwerbung. Nicht zu vergessen das Fernseh-Duell Merkel / Steinmeier. Hier haben die Autoren sich die Mühe gemacht, Unterbrechungen, Störungen und erfolglose Sprechversuche statistisch zu erfassen. Wobei Stören eher die Disziplin von Gerhard Schröder war.

Kredithai und Eselsohr

Wo liegt der Hund begraben? Wie die Tiere in die deutsche Sprache kamen, Pons Verlag, Stuttgart 2010, 127 S., 9,95 Euro

In vielen deutschen Redensarten und Sprichwörtern tauchen Tiere auf. Doch wo liegen ihre Ursprünge? „Wo liegt der Hund begraben?“ spürt sie auf, ohne Anspruch auf Vollständigkeit erheben zu wollen. Während neugierige Naturen – zum Beispiel Journalisten – im Deutschen gerne Mäuschen wären, verlangt es den Engländer danach, eine „fly on the wall“ zu sein. Und die Schlangengrube als Symbol für eine prekäre Situation geht zurück auf das vorchristliche Skandinavien, wo sie als besonders heroische Todesart galt. Wer für die Missbilligung eines Zustandes zur Kuhhaut greift, dürfte sich unwissentlich auf das Mittelalter beziehen: Die Menschen glaubten, der Teufel würde ihre Sünden auf einer Tierhaut festhalten – um sie beim Jüngsten Gericht als Beweismaterial zu zücken. Ob die Erklärungen immer zutreffen oder alternative Deutungen ausblenden: unterhaltsam ist es allemal. Da sieht der Leser auch die Berücksichtigung von „zur Feder greifen“ nach, dessen Herkunft eher wenig Kopfzerbrechen bereitet.