Lesetipps

Aktuelle Buchempfehlungen von mediummagazin-Autor Bernd Stößel

(mehr Tipps, z.B. Lokale Themen, Sprache, Steuer und Layout siehe mediummagazin 4/09, Seiten 68ff)

Nachrichten-Klassiker

Nea Matzen / Christian Radler (Hrsg.), Die Tagesschau. Zur Geschichte einer Nachrichtensendung, UVK Verlagsgesellschaft, Konstanz 2009, 326 S., 24,90 Euro

Die „Tagesschau“ ist das Synonym für Nachrichten im Fernsehen. Seit 1952 steht die 15minütige Sendung wie ein Fels in der Brandung des aktuellen Zeitgeschehens. Für den Sammelband haben die Autoren 50 ausführliche Interviews mit ehemaligen Machern der „Tagesschau“ geführt, aber auch aktiven Redakteuren von „ARD aktuell“ bei der Arbeit über die Schulter geschaut. Gesprächspartner waren nicht nur Chefredakteure und Sprecher, sondern auch Maskenbildner und Sendungsdesigner. Teamarbeit haben ebenso die Verfasser des Buches geleistet – alle Studenten der Journalistik an der Universität Hamburg. „Tagesthemen“ und „Nachtmagazin“ bleiben übrigens außen vor, da dies den Rahmen des Projekts gesprengt hätte. Auch so entfaltet das Buch ein breites Panorama, von der Bildsprache der „Tagesschau“ bis zum Thema Krisenberichterstattung. Zur Sprache kommt zudem das Kleidungs-Design der Nachrichtensprecher, denn über die Jahre haben sich zahlreiche Experten darüber ausgelassen, welche Farbkombinationen dem Auge des Zuschauers zuzumuten sind. 

Agenten auf der Spur

Philipp Grüll, Die Qualität der Nachrichtenagenturen aus Sicht ihrer Kunden, LIT Verlag, Berlin 2009, 122 S., 14,90 Euro

Wie beurteilen leitende Nachrichtenredakteure die Qualität der Nachrichtenagenturen? Dieser Frage geht die Studie von Philipp Grülls nach, der rund 100 Nachrichtenredakteure zu ihren Erfahrungen mit dpa, ddp, AFP, AP und Reuters befragt hat. Absolute Zuverlässigkeit ist für Nachrichtenagenturen Pflicht, pflanzen sich doch Ungenauigkeiten oder gar Fehler aufgrund ihrer Schlüsselstellung im Mediensystem in Sekundenschnelle fort. Der Autor kommt zu dem Ergebnis, dass Agenturen mit guter Personalausstattung insgesamt deutlich besser abschneiden als jene mit weniger Beschäftigten. Philipp Grüll weist darauf hin, dass die Relevanzmaßstäbe von Agenturjournalisten und Agenturnutzern nicht immer dieselben sind. Inwieweit dies auch einer wachsenden Boulevardisierung des Angebotes geschuldet sein könnte, wäre aber noch genauer zu erforschen. Überhaupt müsse die Kommunikationswissenschaft die Nachrichtenagenturen stärker als bisher für sich „entdecken“. Als Themen, die noch der Bearbeitung harrten, nennt der Verfasser das Bildangebot der Nachrichtenagenturen und das Entwickeln von Erfolgskriterien für eine hohe Abdruckquote  – sei es zum Beispiel die gelungenere Überschrift im Vergleich zu den Wettbewerbern oder ganz einfach  Schnelligkeit. 

Ausbildungs-Visionen

Lothar Hausmann/Sonja Kretzschmar/Stefanie Opitz/Horst Röper (Hrsg.), „Wir müssen mehr experimentieren“, Journalistenausbildung zwischen Wissenschaft und Praxis, QuaMedia Verlag, Dortmund 2008, 284 S., 19,90 Euro

Zur Verabschiedung des Dortmunder Journalistik-Professors Ulrich Pätzold in den Ruhestand diskutieren Kollegen und Freunde in einem Sammelband Perspektiven der Journalistenausbildung. Die Dissertation des Geehrten war 1975 „Wozu Journalistenausbildung?“ betitelt, was ketzerisch klang, aber zum Ausdruck bringen sollte, dass es sich nicht zuletzt um einen Begabungsberuf handelt. Kaum weniger provokant untertitelt Volker Lilienthal seinen Beitrag „Unabhängigkeit als Illusion“ mit den Worten „Zu einer Lebenslüge des Journalistenberufs“. Neben persönlichen Begegnungen mit Ulrich Pätzold, über die unter anderem Wolfgang Clement und Fritz Pleitgen schreiben, geht es um die Themen verlagsgebundene, vor allem aber um die universitäre Journalistenausbildung. Sehr aktuell hört sich hier das Plädoyer für ein ökonomisches Grundwissen aller Journalisten an.