Techniktipp: Usability Tests
Der Erfolg einer Website hängt zu einem großen Teil von ihrer Benutzerfreundlichkeit ab. Bei kleineren journalistischen Projekten wird die so genannte Usability aber nur selten kontrolliert. Dabei ist es nicht schwer, eine Seite, ein Themenspecial oder das neue Chat-Tool zu testen – und kostenlos noch dazu. (aus unserer medium magazin Serie Technik-Tipps für Journalisten)
Und so geht’s: Sie laden Probanden aus Ihrer Zielgruppe ein und schauen zu, wie diese die neue Seite oder einen Prototyp nutzen. Die Tester sollen dabei „laut denken“, also sagen, was ihnen gefällt und nicht gefällt, warum sie anklicken, was sie anklicken, und ob die Funktionen ihren Erwartungen entsprechen. Mit Programmen wie Camtasia und Screenr kann man aufzeichnen, was auf dem Bildschirm passiert und was der Proband dazu sagt.
Schritt für Schritt ist ein einfacher Usability-Test wie folgt aufgebaut:
1. Auswahl der Tester
Sechs Probanden sind ideal, empfiehlt Peter Schumacher, Professor für Journalistik an der Hochschule Darmstadt. Eine größere Testgruppe bringe in der Regel keine weiteren Erkenntnisse, aber erheblich größeren Auswertungsaufwand. Wichtiger als die Anzahl der Tester ist dagegen, dass sie der Zielgruppe des Produkts entsprechen.
2. Vorbereitung der Tester
Die Probanden müssen wissen, dass nicht sie getestet werden, sondern das journalistische Produkt. Sagen Sie, dass Sie auf der Suche nach Fehlern in Ihrem Angebot sind. Bitten Sie die Tester, möglichst viel zu kommentieren: wie sie sich orientieren, was sie stört oder verwirrt und natürlich auch was ihnen gefällt.
3. Testphase 1: Erkunden
In der ersten Phase des Tests halten Sie sich raus und lassen die Tester mit der Seite allein. Sie sollen sich anschauen, was sie interessiert und die Seite so nutzen, als ob ihnen ein Freund die Seite empfohlen hätte. Es ist gut, wenn Ihre Tester Fragen zum Angebot stellen. So erfahren Sie, was die Nutzer denken. Aber fangen Sie nicht an, alle Fragen ausführlich zu beantworten. Das können Sie nach dem Test machen.
4. Testphase 2: Aufgaben
Für die zweite Phase bereiten Sie einen Aufgabenkatalog vor. Bitten sie Ihre Tester zum Beispiel, einen bestimmten Artikel oder eine bestimmte Information auf der Seite zu suchen, auf die Startseite zurückzukehren oder ein Feature auszuprobieren, das in der ersten Phase nicht benutzt wurde.
5. Testphase 3: Fragen
Nachdem die Tester die Seite kennengelernt haben, stellen Sie ihnen in der dritten Phase Fragen zum Angebot. Zum Beispiel: „Würden Sie auf die Seite zurückkehren, macht sie einen seriösen Eindruck?“ Markieren Sie sich vor dem Test wichtige Fragen in Ihrem Katalog, die Sie allen Testern stellen wollen.
6. Zielgruppeninfos
Für die Auswertung des Tests notieren Sie zum Schluss noch Informationen über Ihre Tester: Alter, Bildungsgrad, Netzaffinität, Interesse für das Thema der Seite und dergleichen.
7. Auswertung
Schauen Sie sich die Bildschirmaufzeichnungen an, die sie während des Tests gemacht haben. Wissenschaftlich korrekt wäre es, die Aufzeichnungen zu transkribieren. Um den Aufwand überschaubar zu halten, empfiehlt es sich, zunächst die im Laufe des Tests entdeckten Probleme zu gewichten und erst dann zu dokumentieren, wie die einzelnen Tester das betreffende Feature erlebt haben. Kleinere Probleme können Sie ohne Transskript und Filmausschnitt notieren.
Der Usability-Test ist eine qualitative Methode. Auch wenn ein Problem der Seite nur einem der Nutzer begegnet, kann es wichtig sein.
Wenn Sie glauben, dass die Probleme behoben sind, die die Tester auf der Seite entdeckt haben, fangen Sie von vorne an und prüfen, ob neue Tester jetzt besser mit Ihrem Angebot zurechtkommen.
Im letzten Techniktipp hat Thomas Strothjohann erklärt, wie man mit Google Earth Panorama-Flüge erstellt.