Carolin Emcke:“…weil ich mich einmischen wollte“
Die Antworten der „Journalistin des Jahres 2010“ im medium magazin-Fragebogen
Warum sind Sie Journalistin geworden?
Weil ich mich intellektuell und politisch einmischen wollte.
Wie kamen Sie an Ihren ersten Beitrag?
Durch ein Praktikum bei SPIEGEL TV, wo Stefan Aust mich netterweise gleich Beiträge machen ließ: es ging ums Robbensterben, und das Problem, dass die Robbenkadaver so mit Schwermetallen versucht waren, dass sie als Sondermüll verbrannt werden mussten. Absurd.
Ihre Vorbilder im Journalismus ?
Nicht unbedingt Journalisten. Im Denken: Hannah Arendt, Albert Camus, Jürgen Habermas,Tzvetan Todorov; im Schreiben: Wolfgang Koeppen, Susan Sontag und endlos viele andere.
Wie würden Sie in 140 Zeichen die Herausforderungen für den Journalismus charakterisieren?
Die Aufgaben bestehen aus dreierlei: selbstverständlich gewordene Gewissheiten, Denkgewohnheiten und Ideologien kritisch zu befragen, Misstände und Unrecht aufzudecken und das Leid und die Lebenswirklichkeit anderer Menschen oder Kulturen zu bezeugen
Wie wichtig ist Klatsch ?
Nur zur Entschätzung der Motivlage allzu auskunftsfreudiger Informanten
Mit welchem Ihrer Merkmale würde man Sie am treffendsten karikieren oder parodieren?
Das können andere besser einschätzen als ich
Was macht Sie wütend oder ungeduldig?
Willkür von Uniformierten: ob Soldaten, Milizionäre oder Bodenhostessen.
Mit wem würden Sie gerne mal einen Tag die Rolle tauschen?
Mit dem Direktor von Guantanamo….in der Hoffnung, dass ich dann entscheiden könnte, das Lager zu schließen. Ansonsten: Jürgen Klopp.
Auf welchen Beitrag sind Sie besonders stolz?
Einem Essay in der ZEIT über Mitleid unter dem Titel „Das Leid der Anderen“. Ansonsten bin ich besonders stolz darauf, seit über zehn Jahren mit dem Photographen Sebastian Bolesch ein Team zu bilden.
Ihr größter Flop ?
Geschichte über ein Krankenhaus auf Haiti, zwei Tage bevor die Cholera ausbrach, und damit alles, was wir recherchiert hatten, hinfällig war
Welche Medieninnovation schätzen Sie besonders?
Die Löschtaste am Computer.
Was lesen/ hören / schauen Sie morgens als erstes?
Bach.
Ihre drei Lieblinge unter den Zeitungen, Sendungen und websites?
Süddeutsche Zeitung, The New Yorker, Kicker
Ihr liebstes Hobby ?
Borussia Dortmund
Welche berufliche Entscheidung würden Sie rückblickend anders treffen?
Ich bin mehr als dankbar dafür, wie alles gekommen ist.
Sind Sie Mitglied einer Partei?
Nein.
Im nächsten Leben werden Sie …?
Dieses Leben ist schon besonders schön so wie es ist. Wenn ich mit der Begabung gesegnet würde, dann wäre ich gern Musikerin in einem anderen Leben.
Welcher Rat hat Ihnen auf Ihrem beruflichem Weg besonders geholfen?
“Wenn Du schon sowas studierst, wie Philosophie, dann studiere wenigstens lange!!”
Was sollte Ihnen später einmal nachgesagt werden?
Sie war eine gute Freundin.
TIPP: In mediummagazin 1-2/2011 portraitiert Ines Pohl, Chefredakteurin der taz, die „Journalistin des Jahres 2010“ Carolin Emcke: „Eingreifen als Lebensthema“