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Medium Magazin 02/2019

EDITORIAL / Annette Milz, Chefredakteurin

Alles normal?

Wir haben uns daran gewöhnt, dass viele Reporter und Reporterinnen nur in Begleitung oder mit Helm auf Demos gehen. Aber als Normalität dürfen wir das nicht hinnehmen.

Gewöhnung kann kritisch werden. Vor allem für Journalisten und Journalistinnen, die ihre Wachsamkeit doch stets wach und frisch halten sollten. Wer sich zu sehr an etwas gewöhnt, stumpft ab.

Deshalb haben wir uns gefragt – lange nach den gewalttätigen Auseinandersetzungen in Chemnitz im vergangenen Jahr: Haben wir uns inzwischen so daran gewöhnt, dass Reporter oder Reporterinnen hierzulande mit Schutzhelmen oder Sicherheitsbegleitung zu Demonstrationen gehen, dass das inzwischen keiner Rede mehr wert ist, dass das gar als normal gilt? Was macht diese Situation mit ihnen und ihrer Arbeit? Welche Signale sendet das aus auf diejenigen, die sie beobachten und befragen sollen? Und: Wie viel Meinungsjournalismus vertragen die Leser – vor allem wenn es um AfD und Co. geht?

Diesen Fragen haben wir das Titelthema in dieser Ausgabe gewidmet – mit verschiedenen Aspekten. Denn trotz momentaner Ruhe wächst die Nervosität im Land, vor allem mit Blick auf die anstehenden Landtags- und Kommunalwahlen 2019. Wie schnell die Stimmung in Aggression und Gewalt umkippen kann, haben allzu viele Kolleginnen und Kollegen in den vergangenen Jahren bereits im wahrsten Sinne des Wortes hautnah erlebt.

Das European Centre for Press and Media Freedom (ECPMF) belegt in einer aktuellen Studie „Feindbild Journalist“ eine bedenkliche Entwicklung (Seite 22). Reichlich Erfahrung damit hat allen voran die Redaktion der Sächsischen Zeitung in Dresden. Inzwischen gehen ihre Reporter, wie Tobias Wolf, nicht mehr allein, sondern nur noch zu zweit auf die Demos (Seite 24), so auch zum „Abendspaziergang“ der Pegida, der nach wie vor jeden Montag in Dresden stattfindet. Wie hat das alles die Sächsische Zeitung verändert?

Annette Binninger, Chefin des Politikressorts und des Investigativteams der SäZ, schildert in dieser Ausgabe, welche Erfahrungen und ja, auch welche Fehler sie gemacht haben und was andere Redaktionen daraus lernen könnten: Ihre „sechs Lehren aus Sachsen“ sind Stoff zum Nachdenken und zum Handeln (Seite 18). Jeden Freitag gehen inzwischen weltweit Schüler und Schülerinnen für den Klimaschutz auf die Straße. Mit einer Debatte um die allgemeine Klimalage ist es längst nicht mehr getan. Wer um Glaubwürdigkeit ringt, sollte sich auch bei solchen Fragen an die eigene Nase fassen.

Anne Haeming ist in unserem Special der Frage nachgegangen, wie es Medienunternehmen in eigener Sache mit Umweltschutz und Nachhaltigkeit halten (Seite 60). Bei ihrer Recherche für das Thema stieß sie auf die Klima-Initiative des Verbands Druck und Medien und ihren CO2-Rechner. Wir haben das auch in eigener Sache genutzt und den Fußabdruck auswerten lassen, der beim Druck unserer Ausgabe entstand: Pro Heft sind es etwa 0,95 kg CO2. Weil Faktoren wie Papiersorte, Auflage, Seitenzahl, Druckverfahren so vielfältig sind, gibt es kaum Vergleichszahlen, vor allem weil Verlage ihre CO2-Bilanz in der Regel fürs ganze Unternehmen in ihren CSR-Berichten veröffentlichen. Aber zum Vergleich: Der CO2-Verbrauch pro Kopf lag in Deutschland 2016 laut Europäischer Umweltagentur bei rund 11 Tonnen. Und wie viel CO2 produzieren Sie?  

 

Journalisten-Werkstatt „Besser schreiben. Reportage 2“: Das 16-seitige Extraheft ist gratis im Abonnement dieser Ausgabe enthalten. Nachbestellungen online oder per E-Mail an: vertrieb @ oberauer.com

 

Unsere kostenlose Heftvorschau, 17 Seiten zum Reinlesen: