Poliana Baumgarten (Foto: privat)

Poliana Baumgarten

Videojournalistin, ze.tt

Wichtigste Stationen?

Nach Tätigkeiten beim WDR, RBB und der Deutschen Welle
TV, Produktion einer eigenen WebSerie „Berliner Farben“, die
marginalisierte Menschen und ihre Überlebensstrategien gegen Rassismus, Sexismus, Homo- und Transphobie in Berlin porträtiert. Stereotypische Bilder sollen abgebaut werden und hingegen ehrliche Sichtbarkeit von nicht-weißen Menschen in der Medienlandschaft geschaffen werden. Screening im „Schwulen Museum“ (Produktion,Kamera, Regie, Schnitt und Grading) Erstellung einer WebSerie für den British Council über Deutsch-Britische Freund*innenschaften zur Beseitigung von stereotypischen Bildern und Vorurteilen.
Tätigkeit bei ze.tt als Videojournalisitin. Porträtierung von
Menschen mit spannenden oder wichtigen Realitäten.
Dokumentationen u.a. zu Black Lives Matter und der Kampf
der Sinti und Roma gegen Rassismus in Deutschland
Dokumentation „preta“ über die Realität von Schwarzen
Frauen aus Recife (Brasilien) und ihren Kampf gegen Anti-
Schwarzen Rassismus und Transphobie vor der Wahl des
jetzigen Präsidenten Jair Bolsonaro.
(Produktion,Kamera, Regie, Schnitt und Grading)
Director of Photography für die Kampagne „Weil Sichtbarkeit
das Wichtigste ist – #RepresentationMatters“ für Vogue
Germany.
Veröffentlichung eines surrealistischen Kurzfilmes „Moxn“ als
künstlerischer Beitrag zu Diskursen um Gender-Fluidität und
Transformationen von Schwarzen queeren Körper.
Premiere auf dem Literaturfestival „The Moon Festival w/
Margaret Atwood“ in London.

Auf welche Geschichte sind Sie besonders stolz?
Ich bin sehr stolz auf meine Kurzdokumentation über die
Realitäten und den Kampf von Sinti und Roma gegen
Rassismus in Deutschland, da sie in unserer Gesellschaft
nicht nur von Rassismus und Verfolgung betroffen sind,
sondern auch weitgehend unsichtbar. Diese Dokumentation
sollte ein Beitrag dazu sein, ihre Realitäten sichtbar zu
machen, ohne rassistische Sprache oder Bilder zu
reproduzieren.

Was planen Sie als nächstes?
Zur Zeit arbeite ich mit meiner Kollegin Elif Kü.uk an einer
ausführlichen Dokumentation über Afro-Haare. In unserer
Dokumentation wollen wir uns u.a. mit der Frage „Was ist
schönes Haar?“ und die Deutungshoheit darüber beschäftigen
und ergründen, wie verschieden die Realitäten von Frauen mit
Schwarzem Haar in Deutschland aussehen. Sowohl
historische Kontexte als auch gegenwärtige popkulturelle und
soziale Entwicklungen sollen für den Film dabei eine Rolle
spielen. In diesem Zusammenhang möchten wir aber nicht
zuletzt die Unsichtbarmachung und Diskriminierungen
(Colourism/Texturism) innerhalb Schwarzer Communities
thematisieren.

Wie würden Sie gerne in zehn Jahren arbeiten?

Da ich auch Workshops darin gebe, sensibel mit der Kamera/
Schnitt/Farbgebung im Journalismus zu arbeiten, könnte ich
mir vorstellen als Teamleaderin von Videojournalist*innen zu
arbeiten, um begleitend und beratend für die Erstellung von
Dokumentationen und Beiträgen zu helfen, um marginalisierte Menschen und ihre Realitäten in der deutschen Medienlandschaft sichtbar zu machen, ohne stereotypische und gefährlichen Bilder zu reproduzieren.

Welcher gute Rat hat Ihnen in Ihrer Laufbahn besonders weitergeholfen?
Einfach machen! Ich komme aus einer Arbeiter*innenfamilie
und hatte nicht die Möglichkeit auf private Film- oder
Journalist*innenschulen zu gehen. Daher habe ich mir,
während meiner Studien in Romanistik und African Studies
alles, was ich über die Technik von Video und Film weiß, per
Google und YouTube beigebracht.
 

Welche/r Kollege/in hat Ihnen besonders geholfen?
Marieke Reimann, meine Chefredakteurin. Ich wurde bisher
von keiner Person so gefördert und begegne stets Vertrauen
und die Zuversicht, weiter über mich hinauswachsen zu
können. Marieke hat vor allem erkannt, dass für
Menschen, die strukturell diskriminiert werden, nicht immer die Möglichkeit besteht auf Journalist*innenschulen zu gehen, sie aber trotzdem bereichernd und unabdingbar für Redaktionen sein können. Das macht unser Team bei ze.tt so großartig.
Elif Kü.ük, meine Kollegin, die sich stets, mit einer
Engelsgeduld, Zeit für meine Anliegen und Fragen nimmt
und meine Arbeit schon oft mit ihrem umfassenden
Wissen bereichert hat.
Mareice Kaiser, ebenfalls eine Kollegin, die mir mit ihrer
Expertise und Sensibilität um Inklusion, Bildungsgerechtigkeit sowie Vereinbarkeit von Beruf und Familie, stets meinen Horizont erweitert.

Warum tun Sie eigentlich, was Sie tun?
Schwarze Menschen, vor allem Frauen, und ihre Perspektiven
sind in der deutschen Medienlandschaft, noch immer so gut
wie unsichtbar. Meine Arbeit bedeutet für mich daher
Widerstand gegen ein strukturelles Problem. Dabei soll aber
nicht ich im Mittelpunkt stehen, sondern die Sichtbarmachung von allen strukturell benachteiligten Menschen, die in Deutschland leben aber weder gesehen noch gehört werden. Ich möchte marginalisierte Menschen zu ihren individuellen Konditionen sichtbar machen, ohne sie für Diversitätsideen als sogenannte „Token“ zu instrumentalisieren.

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